Aua hier und Auer da

Seit geraumer Zeit beschäftige ich mich ausgiebig damit, wie im menschlichen Körper das ganze Gewebe und die Organe und die Muskeln und der ganze Zinnober, der sonst noch so darin rumdümpelt, zusammenhängen.
Das tue ich nicht, weil es mich brennend interessiert. Um ehrlich zu sein ist mir eigentlich völlig egal, was da drin so abgeht.
Aber der Verfall, der mit dem Alter kommt, geht offenbar auch an mir nicht vorbei. Mit dem Überschreiten der 30 scheint der Körper sich rächen zu wollen, für Jahre der schlechten Behandlung und Nicht-Beachtung etwaiger Notsignale. Und da mein Körper offenbar ein ganz lustiger und äußerst sadistischer Zeitgenosse ist, bemüht er sich, mich dabei so gut es geht zu verarschen und in den Wahnsinn zu treiben.
Einfach nur Schmerzen wären schließlich langweilig. Deshalb muss er mich mit Symptomen plagen, die auf den ersten Blick eine völlig andere Ursache haben, als es im Endeffekt der Fall ist.
Letztes Jahr zum Beispiel konnte ich nicht richtig laufen. Aber nicht, weil meine Beine kaputt waren. Nein, nein. Es fühlte sich nur so an, als ob meine Beine hinüber sind. Stattdessen hatte ich einfach was an der Birne. Also irgendwie unterbewusst irgendeinen Schwachsinn, der sich irgendwo festgesetzt hat und mir irgendwann extrem den Tag, die Wochen, die Monate und letztlich fast das ganze Jahr versaut hat.
Ein Riesenspaß das große Symptomeraten. Dadurch, das offenbar alles im Körper ineinander greift, gibt es da äußerst interessante Konstellationen. Augenscheinliche Nervenschäden sind nur Kopfsache, Kopfschmerzen kommen eigentlich vom verspannten Nacken, Rückenschmerzen können einem im wahrsten Sinne des Wortes den Sack verdrehen. Ich denke, ihr versteht, was ich meine.

Meine neueste Errungenschaft im großen Spiel der Krankheitssignalverarsche manifestierte sich vor einigen Tagen. Wieder mal ein großer Witz, dessen Pointe nur das Muskelgewebe versteht – und selbst da bin ich nicht so sicher. Der neueste Schrei auf dem Schmerzumleitungsmarkt heißt: Zahnschmerzen.
Aber nicht etwa, weil der Zahn hinüber ist (okay, zugegeben, es gibt wohl gesündere Zähne auf diesem Planeten, aber das spielt jetzt keine Rolle), sondern einfach, weil ich sitze. Ja, richtig gelesen. Wenn ich mich hinsetze, kriege ich Zahnschmerzen. Und wenn ich wieder aufstehe verschwinden sie nach wenigen Sekunden einfach wieder, als wären sie nie dagewesen. Für mich als selbsternannten Schriftsteller ist das jetzt natürlich eher kontraproduktiv, erfordert die Tätigkeit des Schreibens schließlich einiges an Sitzfleisch. Das ist selbstverständlich auch generell kein Problem. Wenn mich aber Zahnschmerzen in den schieren Wahnsinn treiben, ist es gar nicht so leicht, etwas Gescheites aufs Papier zu bringen – nicht, dass das sonst erheblich einfacher wäre.

Ich bin ja nun alles andere als ein wehleidiger Hypochonder, der wegen jedem Scheiß zum Arzt rennt. So lange mir nicht ein Körperteil droht abzufallen, lasse ich meist alles von alleine ausheilen. Bevor ich letztes Jahr irgendwann quasi von meiner Mutter zum Arzt entführt wurde, war ich 10 Jahre in keinem Wartezimmer dieser Welt. Schmerzen kommen, Schmerzen gehen. Das war immer meine Devise. Tja, ich schätze so langsam erreiche ich einen Punkt, wo ich meine Devise etwas ändern muss. Schmerzen kommen, Schmerzen gehen nur, wenn da ein Fachmann dran rumdoktort. Und damit habe ich ein großes Problem. Denn sind wir mal ehrlich: Wenn es tatsächlich eine Hölle gibt, dann sitzt man da einfach nur ewig im Wartezimmer. Denn nichts auf dieser Welt ist quälender, als stundenlang zwischen all den Kranken zu sitzen, die sich anschweigen und versuchen, bloß keinen Augenkontakt entstehen zu lassen, weil man sonst direkt als Psycho abgestempelt werden könnte. Also bleibt einem nichts anderes übrig, als eine Illustrierte vom Stapel auf dem Tisch durchzublättern, in der Hoffnung, dass irgendwo zwischen den Stories über extrem uninteressante Königshäuser und Z-Promis im Babyfieber eine interessante Geschichte auf einen wartet. Die Hoffnung ist natürlich in den meisten Fällen vergeblich. Und wenn man doch mal das Glück hat einen Artikel zu finden, der nicht komplette Kacke zu sein scheint, stellt man fest, dass man das alles schon kennt da die Illustrierte bereits 5 Jahre alt ist.
Immerhin gibt es aber auch einen kleinen, positiven Aspekt: Endlich zahlen sich all die Jahre aus, die ich völlig sinnlos die Krankenkasse mit Geld beschmissen habe, das ich viel sinnvoller hätte investieren können – zum Beispiel in Alkohol oder Zigaretten oder Bücher über Alkohol und Zigaretten.

Aber das liegt wohl ohnehin hinter mir.

Ein neues Leben beginnt.

Schmerzhaft wie eh und je.

11 Gedanken zu “Aua hier und Auer da

  1. Du Ärmster. Ich leide mit ihr. Vor allem da ich auch seit ein paar Tagen Zahnschmerzen habe. Sowohl im Sitzen als auch im Stehen. Und vor allem beim Kauen,

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    1. Danke. Ich bin zum Glück recht hart im nehmen und nicht wirklich schmerzempfindlich. Aber Zahnschmerzen sind halt schon ne andere Nummer, als alles andere. Geht einem im wahrsten Sinne des Wortes auf die Nerven.

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      1. Ich bin auch Kummer gewöhnt, aber das möchte ich hier in der Öffentlichkeit nicht näher ausführen.
        Bist das eigentlich du im Avatar-Bild?

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  2. Du sagst es! Es scheint irgendwie als würde es immer mehr unbekannte und noch nie dagewesene Krankheiten und Schmerzquellen geben. Es gibt so viele Fälle in meiner Umgebung die Symptome haben für die es keine Behandlung gibt. Die Medizin scheint keine Wissenschaft zu sein, mehr ein Ratespiel. Tja und jenseits der 30 geht’s leider nicht mehr schmerzfrei. Und sterben müssen wir alle mal. Hoffen wir nur dass wir dann nicht in die Wartezimmerhölle kommen.

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    1. Ich habe mittlerweile gelernt, solche Zusammenhänge einigermaßen zu deuten. Zum Beispiel bin ich mir inzwischen ziemlich sicher, dass die Zahnschmerzen von einer Verspannung am Hals kommen, weil bei bestimmten Kopfbewegungen der Schmerz im Zahn schlimmer wird und gleichzeitig es im Hals zieht wie sau. So taste ich mich halt langsam voran in die Weiten des unermesslichen Leids.

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  3. Mnja – bin auch immer wieder erstaunt, was so’n ordentlicher Keksbrand noch an Zipperlein hervorrufen kann (Zahnschmerzen habe ich zum Glück gerade nicht, bin aber anderweitig ein wrack irgendwie…)

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    1. Na dann gute Besserung. Und immer positiv denken. Hilft in den meisten Fällen. Siehst du ja bei mir. Als positivster Mensch auf diesem Planeten … hm, ich wurde nicht vom Blitz erschlagen für die größte Lüge aller Zeiten … geht es mir zwar nie wirklich komplett gut, aber auch selten total beschissen. Ich dümpel einfach irgendwo in der Mitte rum.

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  4. Ich schätze mal so langsam rächt sich wirklich der Körper für 10 Jahre Ignoranz 😉
    Im Ernst: Ist schon seltsam mit den Zahnschmerzen. Inwieweit ist da was psychosomatisch?
    Vielleicht solltest dich mal richtig durchchecken lassen. Viele Auas kommen oftmals aus ganz anderen Ecken… Da sollte man sich auf breiter Ebene eng fassen.

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    1. 10 Jahre? Damit kommst du bei weitem nicht aus. Ich habe quasi nie irgendwas untersuchen lassen. Zu Schulzeiten war ich nur zwischendurch mal beim Arzt, um mich krankschreiben zu lassen.

      Den Durchchecker hatte ich ja im letzten Jahr. An sich bin ich kerngesund. Nur halt langsam gebrechlich sozusagen. Ich müsste mal wieder mehr Sport machen, dann wäre das fast alles kein Problem. Aber man kennt das ja mit dem Aufraffen.

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      1. Ja, dieser innere Schweinehund ist eine ziemlich heftige Drecksau 😆

        Ich denke, du wirst einen Weg finden, dich von diesen Bremshebeln zu befreien 😉

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Laber mich voll, ich mag das.

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