Trends und warum ich ihnen nicht folge

Wenn einem mal wieder die komplette Schreibgerätschaft abkaspert, hat man durchaus Zeit, sich mal mit anderen Dingen zu beschäftigen. Zum Beispiel mit dem Kindle und dem dazugehörigen Shop. Und dann stellt man schnell fest, dass die Empfehlungen aus irgendeinem Grund ein Wirrwarr aus Liebesschnulzen, Young Adult, erotischen Liebesschnulzen, Thrillern und historischen Liebesschnulzen sind. Also zu 80% für mich völlig uninteressante Schinken – ihr dürft selber raten, welches Genre davon mich interessiert – die mir aber einfach aus Prinzip empfohlen werden, weil sie nun mal gerade voll im Trend liegen.

Ich war nie jemand, der irgendwelchen Trends gefolgt ist. Ich trug schon Bart, bevor es „in“ war den Rasierer in die Tonne zu kloppen. Mit anderen Worten: Ich sehe bewusst aus wie ein Penner, den die Leute in der Fußgängerzone mit Kleingeld bewerfen würden damit er sich verpisst. Und das seit Jahren. Das ist nun mal mein Stil. Und man hat bei allem einen Stil. Beim Aussehen. Beim Verhalten. Beim Schreiben. Bei allem.

Und damit kommen wir auch zum Punkt des heutigen Posts:

WAS IM TREND LIEGT, LÄSST SICH VERKAUFEN

Wenn ich den Leuten erzähle, dass ich ein selbsternannter Schriftsteller bin, kommt in nicht seltenen Fällen eine Aussage im Sinne von: „Wäre es nicht cool, wenn du einen Bestseller schreiben würdest?“
Nun, was soll ich sagen? Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich überhaupt einen Bestseller schreiben will. Aber darüber, was das bedeuten würde, schreibe ich ein anderes Mal.
Heute geht es erst mal darum, wie man wohl einen Bestseller schreibt. Und da kommen die Trends wieder ins Spiel.

Theoretisch wäre es natürlich sinnvoll, den Trends zu folgen, um einen Bestseller zu schreiben. Wenn alle Leute wie die Irren Liebesschnulzen kaufen, klingt es im ersten Moment nur logisch, ebenfalls eine Liebesschnulze zu schreiben, um auch etwas vom metaphorischen Kuchen abzukriegen. Allerdings birgt das einige Probleme, die jedem relativ schnell klar werden sollten, wenn er nur zwei Sekunden darüber nachdenkt. Klar, den Trends zu folgen könnte eventuell die Chancen auf einen Bestseller (oder zumindest bessere Verkaufszahlen) erhöhen, aber …

TRENDS ÄNDERN SICH

Nehmen wir mal an, ich beginne an einer Liebesschnulze zu arbeiten. Ich verbringe Wochen oder gar Monate damit meine Geschichte vorzubereiten und zu schreiben und dann ist sie fertig. Und es kommt der große Tag an dem die Geschichte von Paula Schmalz, die nach langer Suche ihre große Liebe in Paul Schnulz findet, erscheint. Und dann die Erkentniss: Niemand liest mehr Liebesschnulzen. Alle sind auf Froschmutantenhorrorgeschichten umgestiegen.

Was dann? Schreibt man als nächstes eine Froschmutantenhorrorgeschichte? Wäre natürlich eine Möglichkeit. Aber erstens könnte man wieder zu spät dran sein und zweitens macht es sich nicht so gut in der Autorenbiografie, wenn man in tausend Genres rumwurschtelt, die zudem gerade auch noch zufällig im Trend liegen.

DAS BIN NICHT ICH

Im Englischen gibt es den Schreibtipp „Write What You Know“, also „Schreibe was du kennst“. Es gibt zwar mehrere Auslegungen davon, was genau dieser Satz bedeutet, aber hier passt er eigentlich ganz gut. Ich lese keine Liebesschnulzen. Also würde es mir verdammt schwer fallen, eine zu schreiben. Jetzt mögen manche sagen, dass das doch nur billiger Müll nach dem immer gleichen Schema ist, aber hinter jeder Geschichte steckt Arbeit und ein Konzept. Und der Schreibstil muss natürlich auch zum Genre passen. Ein Thrillerautor, der eher spannend und blutrünstig schreibt, wird es wohl nicht so leicht haben, einen locker-leichten Roman über den Liebesurlaub von Petra Popmichma zu schreiben.

Der Leser ist nicht dumm. Wenn man in einem Genre schreibt, das einem nicht liegt und von dem man zudem überhaupt keine Ahnung hat, werden sie es merken und völlig zu Recht euer Buch feierlich in einem Internetvideo abfackeln und eine beschissene Rezension wird das wohl auch noch nach sich ziehen.

Ist es das wert? Ich denke nicht. Man liest, woran man Spaß hat. Und man sollte auch schreiben, woran man Spaß hat. Denn nur so bleibt man sich selbst treu und bewahrt seine Integrität. Das sollte wichtiger sein als das vermeintlich schnelle Geld – für das es nebenbei ohnehin keine Garantie gibt, egal was man macht.

MACHEN WIR DOCH MAL DEN TEST

Wenn ich schon dabei bin, nutze ich diese Gelegenheit natürlich, um genau das zu machen, was ich nicht machen sollte. Ich schreibe den Anfang einer Liebesschnulze:

Die Wolken waren schon wieder lila, als bereits zum zwölften Mal in dieser Nacht ein Orgasmus durch meine Lenden fuhr und mich laut aufstöhnen ließ. Die Nachbarn hatten in dieser Nacht sicher genau so wenig Schlaf gefunden wie ich. Ich bezweifele aber, dass sie darüber genau so glücklich waren. Ich stieg erschöpft von dem stählernen Körper des namenlosen Mannes herunter und beobachtete, wie der harte hohe Turm sich langsam zur Ruhe legte. Ein Dutzend Orgasmen war zwar kein persönlicher Rekord in einer Nacht, aber ich hatte schon schlechtere Nächte gehabt. Kein Wunder, wenn man so viele unterschiedliche sexuelle Erfahrungen gemacht hatte wie ich. Schon in der Schule hatten meine Mitschüler das Gerücht verbreitet: „Lana Mümmelmann lässt jeden Lümmel ran“. Und sie hatten recht. Ich war nie eine Frau, die nach einer langwierigen Beziehung sucht. Jede Nacht ein neuer Mann und mich tagsüber um mich selbst kümmern, war genau das Leben, das ich mir immer gewünscht hatte. Doch dann lernte ich Alex mit dem Mikropenis kennen …

Es zeichnet sich schnell ab, dass ich nicht gerade prädestiniert bin, in diesem Genre zu schreiben, schätze ich. Deshalb hier kurz der Ausgang der Geschichte: Lana lernt Alex kennen und erkennt, dass Sex mit einem nicht gerade gut bestückten Mann eine komplett neue Erfahrung für sie ist – und zwar eine gute. Sie verliebt sich in Alex. Der aber hat Selbstzweifel ob er es auf Dauer wirklich im Bett bringen kann. Lana wird also sitzen gelassen und ist ganz traurig. Dann aber findet sie zufällig eine Seite über die besten Mikropenissexstellungen im Internet. Glücklich über diese Rettung für sein Sexualleben lässt Alex Lana wieder in sein Bett. Am Ende wird geheiratet.

In welchen Genres schreibt ihr am liebsten? Welche liegen euch überhaupt nicht? Schreibt doch auch mal etwas in eurem Blog, von dem ihr keine Ahnung habt und lasst mir einen Link in den Kommentaren da. Könnte lustig werden …

21 Gedanken zu “Trends und warum ich ihnen nicht folge

  1. Ich würde das, was Du geschrieben hast, nicht unbedingt als Liebesschnulze bezeichnen, aber ein gewisses Potential kann man Deiner Geschichte nicht absprechen. Ich würde sie zwar nicht lesen wollen, aber ich könnte wetten, dass sie sich gut verkaufen lässt. Ob Du Freude dabei empfinden würdest, sie zu schreiben, steht auf einem anderen Blatt, aber sie ist sicher geeignet, um den Mainstream zu bedienen. Offenbar ist Dir daran aber nicht gelegen, also macht es vermutlich wenig Sinn, Zeit und Energie in dieses Schreibprojekt zu investieren. Für den Fall akuten Geldmangels würde ich die Story aber an Deiner Stelle mal im Hinterkopf behalten 😉

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  2. Paula Schmalz und Paul Schnulz sind empört über diese Abstrafung! Ich habe mich köstlich amüsiert. Vor einigen Monaten habe ich mal eine romantische Kurzgeschichte geschrieben. Die Reaktion einer Freundin: Das war echt gar nicht romantisch. Dabei hab ich mir die Finger verrenkt beim Schreiben und dachte, ich übertreibe es maßlos. So kann es gehen.
    +Mika+

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  3. Amen, kann ich da nur sagen. Das mit den Trends sehe ich leider viel zu oft in Buchläden, wenn ich vor dem „Aktuelle-Bestseller-Regal“ stehe. Schon die Cover sehen irgendwie alle gleich aus (Gleicher Designer? Keine Ahnung)…
    Parodie wär aber bestimmt dein Ding 😀

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    1. Danke.
      Das mit den Covern liegt wohl eher daran, dass sich ein bewährtes Konzept gerne unendlich oft wiederholt. Man sieht das überall. Buchcover zu bestimmten Genres sehen alle gleich aus, Filmposter zu bestimmten Genres sehen alle gleich aus, Wahlplakate sowieso. Quasi das alte Prinzip: Warum etwas ändern, wenn es funktioniert?
      Ich selbst finde das auch nicht gut, zumal mir die Cover heutzutage alle nicht zusagen. Die sehen alle aus, als hätte sie der Praktikant in der Agentur mal eben mit Photoshop gebastelt und dann auf den Deckel gedruckt. Furchtbare Entwicklung.

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  4. Als ich den Kommentar geschrieben habe, hatte ich diese „Magier-Assassinen-Cover“ (weißt du, was ich meine?) im Kopf… Davon hab ich echt schon so viele gesehen. Und von den Autoren nie wieder etwas gehört… Mir fällt dann halt echt schwer zu erkennen, was wirklich gut ist, bevor ich es gelesen habe. Aber am meisten leid tun mir die Autoren, die sich den „Trend“ ausgedacht haben (natürlich nicht als solchen), also die ersten waren, und etwas Neues geschrieben haben. Die gehen dann mit der Zeit in der Masse unter…

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  5. Write What You Know… oder auf altdeutsch: Schuster, bleib bei deinen Leisten!
    Das merkt der Leser sofort, wenn man in Genres herumfuscht, von denen man keine Ahnung hat 😉

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  6. Hm … guter Gedanke, ist mir noch gar nicht gekommen … bei Büchern. Ich frage mich gerade woher die Trends kommen. Da schreibt einer ein Buch, das kommt gut an, und schon schreiben alle dasselbe. Ist bei Filme wohl nicht anders. Da war was mit Vampiren, dann mit Zombies, jetzt mit Superhelden. Das Nervt doch. Ich bin für mehr Vielfalt. Ich als Schreiber würde auch niemals auf so einen Zug aufspringen. Write What You Know … genau. Alles andere macht eh keinen Sinn … außer du und dieses Liebesgeschichten Ding. Das könnte noch was werden!!!

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    1. Also wenn das von dir kommt, werde ich das mit der Liebesgeschichte vielleicht doch noch mal probieren …
      Bei Büchern ist das mit den Trends irgendwie ja weniger nachvollziehbar als bei Filmen, finde ich. Bei Filmen gab es immer diese Trenderscheinungen, die sich für ein paar Jahre gehalten haben und dann abgelöst wurden. Aber bei Büchern ist mir das so bewusst nie aufgefallen, bis ich halt von Amazons Empfehlungen erschlagen wurde, die alle überhaupt nichts mit dem zu tun haben, was ich da gekauft habe.
      Jetzt müssen wir halt hoffen, dass unser Geschreibsel irgendwann zufällig in den Trend fällt. Bei mir sehe ich da eher schwarz. In welchem Genre schreibst du denn?

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  7. Ich glaube ja dass sich in deinem Stil jedes Genre gut lesen lässt. (War das jetzt zu einschmeichelhaft … ?)

    Ist mir bei Büchern ja auch nicht so aufgefallen wie bei Filmen, aber eben da du es erwähnst. Der Amazon macht das mit mir nie. Ich bekomme nur Empfehlungen die zu meinen Bestellungen passen. Gib doch einfach zu, dass du hin und wieder Liebesromane bestellst.

    Man weiß nie wie die Trends sich verhalten. Sie sind unberechenbar! Du kommst bestimmt auch mal an die Reihe. Die Froschmutanten Zeit ist schon im Anmarsch. Wenn ich wüsste welche Genres es so gibt, könnte ich mein Geschreibe vl. einordnen … Es ist nicht richtig SciFi, aber übernatürlich angehaucht. Coming of Age kann ich aber auch gut, da ich in meiner Jugend irgendwie stecken geblieben bin. Das aktuelle Buch hat sogar (zum ersten Mal für mich) eine erwachsene Protagonistin.

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    1. Manchmal darf man auch ruhig mal etwas einschmecheln.
      Ich habe wirklich nie Liebesromane bestellt, aber ich bin in Versuchung es einfach mal zu machen, um es besser parodieren zu können.
      Also ein Supernatural-Coming-Of-Age-Science-Fiction-Roman?Klingt nach einer guten Mischung, wenn du mich fragst.

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      1. Na dann!
        Genau so ist es! Mach das mal.
        Supernatural-Coming-Of-Age-Science-Fiction-Romane lese ich auch noch sehr gerne. Beim aktuellen den ich schreibe, fällt das Coming of Age allerdings weg … und wen ich recht überlege SciFi auch … bleibt Supernatural und Roman übrig.

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  8. Ich muss dem Artikel gleich in mehreren Punkten widersprechen:

    1. Liebesromane stellen keinen Trend dar. Es gibt sie schon, seit es Literatur gibt. Und seit es Literatur gibt, sind Liebesromane das kommerziell erfolgreichste Genre, das es gibt. Mit Abstand. Wenn das nun also dank Kindle-Reklame nur deutlicher zutage tritt als je zuvor, dann ist das einfach nur einer größeren Transparenz geschuldet, hat aber nun wirklich so gar nichts mit einem Trend zu tun.

    2. An diesem Beispiel lässt sich verdeutlichen, dass vermeidliche Trends eben kein Weg sind, um als Autor Spitzengehälter zu verdienen (und ich wüsste halt auch keinen anderen). Ja, Liebesromane sind als Genre kommerziell am erfolgreichsten. Für die einzelne Autorin heißt das aber gar nichts. Im Gegenteil. Es gibt einfach viel, viel mehr kommerziell erfolglose Liebesromanautorinnen als Thriller- oder Wildwestautoren. Einfach, weil das Angebot zu groß ist. Die Gefahr, in der Masse unterzugehen, ist als Liebesromanautorin einfach viel, viel größer, als in jedem anderen Genre.

    3. Die Bestseller, die die Spiegel-Liste u.ä. dominieren, sind in der Regel Krimis oder Thriller. Einzelne Romane dieser Genres sind also durchaus erfolgreicher als einzelne Liebesromane. Wenn ich nun also ein Autor wäre, der nur dem Geld hinterläuft – sollte ich dann lieber einen Thriller oder einen Liebesroman schreiben? Jeder, der auch nur den Hauch einer Ahnung von Wahrscheinlichkeitsrechnung hat, spielt lieber Lotto, denn hier ist der Arbeitsaufwand geringer und die Chance größer, zu viel Geld zu kommen.

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    1. Mathe ist nicht meine Stärke, wie es scheint. Hast natürlich recht.
      Ich sollte aber auch dazu sagen, dass dieser Text nun wirklich nicht ganz ernst gemeint war. Dachte eigentlich, das kann man da auch gut rauslesen. Unterstreichen wollte ich das dann mit dem bewusst schwachsinnigen Textauszug am Ende.

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Laber mich voll, ich mag das.

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