5 Gedanken zu detaillierten Beschreibungen

Im Rahmen der Montagsfrage habe ich neulich darüber geredet, dass mich detaillierte Beschreibungen ziemlich langweilen.

Das ist ein Thema auf das man wohl ruhig mal etwas näher eingehen kann, denke ich. Denn gerade ich als Fantasyautor und -leser sollte doch genau diese detaillierten Beschreibungen lieben. Schließlich wird gerade in der Fantasy gerne mal seitenlang über Umgebungen und Kleidung schwadroniert. Aber ich sage es, wie es ist: Ich hasse nichts in einem Buch so sehr, wie ewige Beschreibungen. Sei es nun von Umgebungen, Charakteren, oder deren Handlungen. Es ist der Hauptgrund für mich, ein Buch wegzulegen und nie wieder anzurühren. Dabei bin ich jemand, der zumindest versucht sich auch durch die langweiligsten Geschichten zu kämpfen. Aber wenn innerhalb dieser Geschichten auch noch ewig und drei Tage die Hose des Charakters beschrieben wird, bin ich raus aus der Nummer.

Es folgen also ein paar persönliche Gedanken zu Beschreibungen und wie weit man ins Detail gehen sollte:

1. Dein Name ist nicht Tolkien

Zumindest gehe ich da mal stark von aus. Selbst wenn dein Name Tolkien ist, ist es eher unwahrscheinlich, dass du genau so eine Veranlagung dazu hast, eine Welt zu erschaffen, die so detailliert ist, dass du jeden Grashalm beschreiben könntest.
Seien wir mal ehrlich: Ohne die ausufernden Beschreibungen der Welt hätte die Herr der Ringe Trilogie auch locker in ein Buch gepasst. Aber Tolkien war nun mal Perfektionist was die Weltenerschaffung angeht. Er zeichnete Karten und erfand Sprachen und er kannte die komplette Geschichte seiner Welt und alle geografischen Begebenheiten. Es ist gut, dass er das alles kannte und wusste. Schließlich war es seine Welt. Er musste sie kennen. (Auch wenn das bedeutete, dass er keine Zeit mehr hatte Geschichten zu schreiben, die in dieser Welt spielen.) Aber genau da liegt dann auch das Problem. Man kann es mit der Ausarbeitung der Details auch übertreiben. Dann neigt man dazu, den Leuten auch zeigen zu wollen, wie toll man diese Welt ausgearbeitet hat. Muss ich als Leser wirklich wissen, wie weit die Strecke von Hobbingen nach Bruchtal ist? Oder wie die Blumenwiesen im Süden im Vergleich zu denen im Westen aussehen? Oder wie sich jeder Ork von dem nächsten unterscheidet? Ich denke nicht, denn:

2. Der Leser hat Fantasie

Als Autor neigt man dazu zu denken, dass die eigene Welt nur im eigenen Kopf existieren kann. Um diese Welt dann in den Kopf des Lesers zu kriegen, muss man sie so detailliert wie möglich beschreiben, richtig? Falsch! Der Leser ist nicht fantasielos. Er besitzt genau wie du eine Vorstellungskraft. Die Welt formt sich in seinem Kopf, genau wie in deiner. Nur sieht sie in jedem Kopf anders aus, Das ist doch das schöne am Lesen. Ich schaffe mir meine eigene Welt.
Wenn ich sage, ihr sollt euch einen Drachen vorstellen, ist er bei dem einen grün, beim nächsten rot. Wenn ich sage, ihr sollt euch einen grünen Drachen vorstellen, hat er bei dem einen Hörner, beim anderen nicht. Wenn ich sage ihr sollt euch einen grünen Drachen mit Hörnern vorstellen, hat er bei dem einen zwei Hörner, beim anderen vier. Wenn ich sage, ihr sollt euch einen grünen Drachen mit zwei Hörnern vorstellen … ich schätze, ihr habt verstanden. Der Punkt ist:

3. Es ist egal

ob der Drache grün ist und wie viele Hörner er hat. Diese Information bringt mich nicht weiter. Wenn es für die Geschichte nicht unerheblich ist, für den Leser zu wissen, dass der Drache grün ist, weil er sich beispielsweise später in einem Dschungel versteckt hält, um dort dem Helden aufzulauern, ist diese Tatsache vielleicht gar nicht so erwähnenswert, wie es den Anschein hat.
Versteht mich nicht falsch. Beschreibungen gehören dazu. Aber man sollte als Autor einfach abwägen, wie weit man geht. Nehmen wir mal ein Beispiel. Einen Drachen. Den hatten wir lange nicht …
Hier mal ein simpler Infodump (macht das bloß nicht nach): Sein Körper war grün und schuppig. Daran befanden sich zwei große Flügel. Auf seinem Kopf saßen zwei Hörner. An den Enden von Armen und Beinen hatte er riesige Krallen. Über den spitzen Zähnen in seinem Maul befanden sich zwei Nüstern, aus denen Rauch aufstieg. Darüber zwei gelbe Augen usw. Selbst bei einem so klischeehaften Bild von einem Drachen merkt man sich eigentlich nur ein oder zwei Details. Und das reicht auch, weil:

4. Es geht um Wiedererkennungswert

Bei dem Beispieldrachen handelt es sich natürlich um ein Wesen, von dem ohnehin jeder ein ziemlich klares Bild im Kopf hat. Deshalb sollte man sich bei der Beschreibung eher auf Details konzentrieren, die dem Leser klar machen, dass dies DER Drache ist. Nicht irgendein Drache. DER Drache existiert nur in dieser Geschichte.
Also geben wir ihm ein paar Wiedererkennungsmerkmale. Eins seiner Hörner könnte abgebrochen sein. Oder er könnte eine Narbe am Auge haben. Oder an einem seiner Hörner hängt noch ein Bein von seinem letzten Opfer. Oder sein linker Flügel weist Verbrennungen auf, die vielleicht von Kämpfen mit anderen Drachen herrühren. All diese Sachen formen ein einzigartiges Bild dieses bestimmten Drachen in den Köpfen der Leser. Und wenn man später das abgebrochene Horn erwähnt, weiß der Leser direkt, dass DER Drache gemeint ist. Stellt es euch einfach vor, wie eine:

5.Täterbeschreibung

Wenn ihr Zeuge eines Mordes seid und der Täter entkommt, fragt euch die Polizei höchstwahrscheinlich, wie der Täter denn ausgesehen hat. Sagt ihr: „Er hatte eine Nase im Gesicht“ wird der Täter wohl ungeschoren davon kommen, denn an der Nase des Mannes erkennt man angeblich seinen Johannes, aber nicht, ob er gerade seine Frau niedergemetzelt hat. Was springt einem in den Kopf, wenn man an den Mörder denkt? Was war so besonderes an der Nase, dass ihr ausgerechnet die erwähnt habt? Hat er eine Hakennase? Sind seine Nasenhaare so lang, dass er sie unterm Kinn zusammengeknotet hat? Solche Dinge brennen sich ins Gehirn, wenn man sie sieht. Ob der Mörder braune Augen hatte, vergisst man schnell wieder, wenn er nicht zufällig den Mord mit seinem Todesblick begangen hat, den er bei einem alten Kung Fu Meister gelernt hat.

Wie seht ihr das? Mögt ihr ausschweifende Beschreibungen? Oder doch lieber ein paar Details, die man sich merken kann?

10 Gedanken zu “5 Gedanken zu detaillierten Beschreibungen

  1. Ich mag zwar Tolkien – aber grundsätzlich gebe ich dir recht. ZU viel Information kann langweilen ^^ über die Sache mit den wenigen, aber prägnanten Details habe ich noch nie so bewusst nachgedacht

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  2. Ich nutze ausschweifende, nahezu unnötig lange Beschreibungen gerne gelegentlich als Stilmittel; muss dann aber im Kontext stimmig sein.
    Ich kenne diversi Fantasyfans, welche „Herr der Ringe“ bereits nach 100 Seiten beendeten, weil sie die elrndigrn Naturbeschreibungen nicht mehr ertragen könnten.
    Die Kunst der Auslassung wird tatsächlich nur selten beherrscht und genutzt.

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    1. Es ist halt schwierig ein MIttelmaß zu finden. Ich erschaffe ja auch meine eigenen Welten und Orte und da muss man dann abwägen, wie viel der Leser wissen muss, um sich ein Bild von der Welt machen zu können. Ist nicht immer einfach, aber zu Übertreibungen neige ich da eher nicht. Bei mir gibt es wohl eher zu wenig Beschreibung. Das stört manche Leser dann auch wieder. Ist nicht leicht, das hinzukriegen.

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  3. Sehr schön zusammengefasst was an Beschreibung angemessen ist und was zu viel. Das mit dem Wiedererkennungseffekt finde ich auch eine Wichtige Sache, denn die Dige brauchen unbedingt Charakter. Für mich das bisher quälendste Buch was es zu viel Beschreiben angeht war „Das Bildnis des Dorian Grey“. Das war sowas von mühsam und unnötig.

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    1. Ich habe ohnehin das Gefühl, dass vor allem „Klassiker“ das Problem der zu ausufernden Beschreibungen haben. Heute ist das eher selten geworden, glaube ich. Oder besser gesagt mehr Genre-abhängig.

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