Ich schaue Fey verdutzt an. »Warum sollte ich den Weg kennen? Bis vor Kurzem wusste ich nicht mal, dass diese Kackhöhle existiert.«
»Stimmt. Mein Fehler.«
Ich bin sicher, dass sie mir mal wieder nur die Hälfte erzählt, weil sie mehr nicht verraten darf oder will. Aber ich werde mich später damit befassen. Momentan ist mein Primärziel, diese eklige Höhle zu verlassen.
»Also, wie kommen wir jetzt wieder hier raus?«
»Es ist ein Labyrinth«, sagt Fey und beantwortet damit alles, nur nicht meine Frage. Nun ja, und eigentlich auch sonst nichts, was nicht ohnehin völlig offensichtlich wäre. »Wir hätten uns den Weg markieren können.«
»Hätten wir, ja. Wir hätten auch einfach mit dem Arsch zu Hause bleiben können. Aber ›hätte‹ bringt uns jetzt nicht wirklich weiter, oder?« Ich klinge etwas aggressiver, als ich es will. Immerhin sehe ich in der Dunkelheit nicht Feys Reaktion und fühle mich deshalb nur halb so schlecht, wie ich es sollte. Ich mag die Dunkelheit und den Geruch und den Bodenbelag und überhaupt alles in der Höhle ganz und gar nicht.
Fey fasst mich an den Schultern. Direkt vor mir kann ich ihre glänzenden Augen erkennen, die selbst in dieser Düsternis nicht ihre Anziehungskraft verlieren.
»Schließe deine Augen«, sagt sie. Ich tue es. »Konzentriere dich«, sagt sie. Ich versuche es. »Weise uns den Weg«, sagt sie. Ich scheitere.
Ich kapiere nicht, was sie meint. Ich kenne den Weg nicht. Woher auch.
»Wenn du dich konzentrierst, wirst du den Weg finden.« Fey meint es offensichtlich ernst.
Ich versuche es erneut. Mit geschlossenen Augen – was ohnehin keinen Unterschied macht – taste ich mich durch die Dunkelheit. Ich konzentriere mich auf meine Umgebung. Ich stelle mir vor, wie ich meine Sinne schärfe. Ich lausche nach wegweisenden Gräuschen. Es sind keine da. Ich warte auf einen Luftzug, den ich auf meiner Haut spüre, der mir zeigt, wo der Ausgang sein könnte. Es kommt keiner. Ich rieche nach verdächtigen Gerüchen. Das war ein Fehler. Ich huste und atme lieber durch den Mund weiter.
»Das kannste vergessen«, keuche ich hervor.
Fey seufzt. »Gibst du immer so schnell auf?«
»Du hast doch gesehen, wie ich lebe, oder? Meinst du diesen unfassbar hochwertigen Lebensstil könnte ich mir leisten, wenn ich schnell aufgeben würde?«
»Du hast doch gar keinen hochwertigen Lebensstil.«
»Die Sache mit dem Sarkasmus muss ich dir wohl doch noch mal genauer erklären.«
Es ist einer dieser Momente, in denen man einfach nur einmal tief einatmen will, um dann »scheiß drauf« zu sagen, das Mädchen bei der Hand zu nehmen und sich ins Abenteuer zu stürzen. Ich atme tief ein, sage »scheiß drauf«, suche nach Feys Hand, fingere versehentlich an anderen Körperstellen herum, bevor ich ihre Finger zu fassen kriege und entschuldige mich, bevor ich mich mit ihr ins Abenteuer stürze.
»Ich führe uns hier raus«, sage ich entschlossen, »und wenn es das Letzte ist, was ich tue.« Ein lahmer Spruch, ich weiß. Aber manchmal fällt einem einfach nichts besseres ein, wenn man in einer dunklen versifften Höhle rumsteht.
Eine gefühlte Ewigkeit schleife ich Fey durch das Labyrinth. Ich bin bereit tatsächlich aufzugeben, als ich aus den Augenwinkeln einen Lichtschein erkenne. Es ist nur ein Schimmern und es ist nur für den Bruchteil einer Sekunde zu sehen, aber es ist ein Ziel.
Das Licht stammt von einer Fackel, die an der Wand hängt. Sie ist erloschen, aber noch warm. Einige Meter weiter hängt noch eine Fackel. Die Flammen versuchen sich verzweifelt am Leben zu halten, aber sie haben keine Chance.
»Wir sollten diesen Fackeln folgen, bevor sie erlöschen«, sage ich.
Fey widerspricht nicht. Offenbar habe ich zum ersten Mal seit … immer, eine gute Idee.
Er sieht aus wie einer dieser muskulösen, tätowierten, am ganzen Körper mit Piercings behangenen Rockstartypen, die man unweigerlich zum kotzen finden muss, weil sie rüberkommen wie eingebildete Arschlöcher, die tatsächlich meinen, dass die Weiber, die sie jeden Abend flachlegen, sich für sie und ihre Kackmusik interessieren. Aber er ist anders. Er ist kein Musiker. Und er weiß, dass ihn alle hassen. Aber es ist ihm scheißegal. Ich respektiere so eine Einstellung und mag ihn sofort. Obwohl er ein Arschloch ist.
Er stochert mit einem glühenden Schürhaken in einem Feuer herum und hält die heiße Spitze nah an seinen übergroßen Nasenring, von dem aus eine Kette in seine Hose verläuft. Ich bin unendlich froh, dass er eine Hose an hat.
»Ihr habt euch Zeit gelassen«, sagt er und legt den Schürhaken auf einen Amboss. »Nochmal hätte ich die Fackeln nicht angezündet.«
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