Auf der Suche nach dem ersten Blogpost #19

Zu Teil 18

Der Drache landet am Strand und schleudert bei der Landung den Sand hoch, der leise auf mich herunter rieselt. Der Drache verwandelt sich zurück in seine menschliche Gestalt. Er schaut sich den Käfig an.

»Sieht stabil aus«, sagt er knapp. »Geh rein.«

Ich schaue ihn verdutzt an. »Nein danke, die Ehre hatte ich bereits.«

»Ich werde den Käfig mitnehmen. Wenn du mit willst, steigst du besser ein.«

Ich lasse mich überreden. Auch wenn mir die Vorstellung eines Flugs in einem wackeligen Käfig in der Kralle eines Drachen nicht unbedingt zusagt. Aber anders komme ich wohl nicht hier weg.

Wir landen auf dem Zirkusplatz. Auch wenn ich nie zuvor geflogen bin, glaube ich kaum, dass es jemals einen unbequemeren Flug in der Geschichte der Menschheit gegeben hat. Ich torkele aus dem Käfig und falle in den Sand. Froh darüber, wieder auf der Erde zu sein, ruhe ich mich erstmal aus.

Fey kommt angelaufen und schließt mich in ihre Arme.

Rullon stapft langsam heran. Er stemmt die Arme in seine schwabbeligen Hüften und grinst.

»Jetzt, wo wir alle wieder beisammen sind, lasst uns aufbrechen.« Er schaut Fey an. »Führe uns zu Nick«, sagt er.

»Du weißt, wo Nick ist?«, frage ich.

»Wenn man es sich wünscht, weiß sie alles und kann alles.«

Ich gucke Fey verwirrt an.

»Es tut mir leid«, sagt sie. »Anders hätte ich dich nicht von der Insel gekriegt.«

Ich kapiere immer noch nicht, was hier los ist.

Als wir am Hafen stehen und Rullon Fey losschickt, um Nick zu holen, geht mir langsam ein Licht auf. Oder die Sonne brennt mir zu heiß auf die Stirn. Der Käfig steht bereit und Rullon wartet ungeduldig. Als Fey mit Nick im Schlepptau um die Ecke kommt, macht er sich vor Aufregung fast in die Hose.

»Gute Arbeit, Fey«, lobt er die Fee.

»Was ist hier los«, fragt Nick und sieht mal wieder aus, als hätte er mehrere Tage unter einer Brücke in einer Pfütze von Erbrochenem gelegen.

»Wir werden diese Sache ein für allemal beenden«; erkärt Rullon ruhig.

Nick schaut mich an. »Du arbeitest doch nicht etwa mit ihm zusammen? Weißt du überhaupt, wer das ist?«

Ich weiß natürlich gar nichts. Nicht mal, ob ich mit Rullon zusammenarbeite. Oder warum wir hier am Hafen herumlungern. Ich schaue hoch. Auf einem Dach in der Nähe steht eine vermummte Gestalt und sieht sich uns interessiert zu.

Nick wird in den Käfig gesperrt. Jetzt sieht er aus, als hätte er die Nacht in der Ausnüchterungszelle verbracht.

»Nun, Nick, es gibt zwei Möglichkeiten«, sagt Rullon. »Entweder du gibst mir das Wasser, oder ich nehme es mir.«

»Du weißt ganz genau, dass ich das nicht tun kann. Niemand sollte so viel Macht haben.«

»Ich bin der Mantikor«, sagt Rullon. »Ich habe Macht. Ich brauche Macht. Ich bin der Löwe, der das Land regiert. Der Geflügelte, der die Luft regiert. Ich habe den Drachen, der das Feuer regiert. Und ich werde auch das Wasser regieren. Die Frage ist nur, was dir deine Macht wert ist.«

Ich werde von hinten gepackt und meine Hände werden gefesselt. Ich fühle die haarigen Arme vom Sheriff auf meiner Haut. Anschließend packt er sich Fey und fesselt ihre Hände hinter dem Rücken.

»Du hast dich mit dem Werwolf zusammen getan?« Nick rüttelt am Käfig. »Du bist noch wahnsinniger als ich dachte.«

»Nicht wahnsinnig, Nick. Schlau.« Rullon grinst. »Man kann niemals genug Verbündete haben.«

»Er hat mehrere Mädchen getötet.«

»Die wird kaum jemand vermissen.« Rullon tritt näher an den Käfig heran und schaut zu uns herüber. »Du kannst ihre Leben retten. Du musst dich mir nur anschließen.«

»Niemals.«

»Wie du willst.«

Rullon nickt dem Sheriff zu. Der stößt mich und Fey über die Hafenkante ins Wasser.

FORTSETZUNG FOLGT

Auf der Suche nach dem ersten Blogpost # 15

Zu Teil 14

Der Minotaurus ist so nett, uns durch den Hinterausgang hinauszuschicken, damit wir nicht durch das Labyrinth zurückirren müssen. Ich schätze, er hätte mich gerne zurück in die versiffte Höhle geschickt aber er wollte wohl keinen Ärger mit Fey. Ich glaube, er steht auf sie. Konkurrenz kann ich gerade wenig gebrauchen. Eigentlich kann ich Konkurrenz nie gebrauchen. Wenn es um die Frauen geht erst recht nicht. Mich wundert es ohnehin immer noch, dass sich Fey mit einem Verlierer wie mir eingelassen hat. Sie hüpft wie immer fröhlich neben mir her, als wir den Strand entlang laufen. Sie lächelt fröhlich, als wir zurück ans Festland rudern. Die Fröhlichkeit wird von einer Stimme vertrieben.

»Langsam kriege ich das Gefühl, dass ihr etwas im Schilde führt, dass mir gar nicht gefällt.« Der Sheriff lehnt an einer Mauer und hat die Daumen in seinen Wolfsfellgürtel geschoben, als wäre er ein cooler Highschooldraufgänger aus den Sechzigern.

Wir steigen aus dem Boot. Fey mit einer Leichtigkeit, die vermuten lässt, dass sie Flügel hat. Ich so ungeschickt, dass ich fast im Wasser lande. In letzter Sekunde kann ich aber an Land springen und lege mich da auf die Fresse. Immerhin bin ich nicht nass geworden. Der Sheriff stellt sich vor mir auf und schaut auf mich herab. »Also, was heckt ihr aus?«, fragt er grinsend. Seine Zähne sehen aus, als hätte er schon mehrmals in das ein oder andere Bein gebissen, um einen Flüchtigen zu stoppen. Allerdings tut er das vermutlich nur bei Vollmond, also gehe ich davon aus, dass ich erst mal nichts zu befürchten habe.

Ich stehe auf und schaue ihn an. »Wir suchen ein paar Silberkugeln«, sage ich.

Sein Grinsen verzieht sich zu einem ausdruckslosen Strich. »Witzig«, sagt er und es ist klar, dass er absolut anderer Meinung ist. »Was wolltet ihr auf der Insel?«

Ich will etwas sagen, aber er hebt seinen Zeigefinger vor mein Gesicht. »Und keine dummen Antworten, sonst beiße ich.« Er schnappt mit seinen gelben Zähnen in meine Richtung.

Ich glaube zwar nicht, dass er in dieser Gestalt wirklich Leute beißt, aber ich will kein Risiko eingehen. »Wir brauchten etwas vom Minotaurus.«

»Was?«

»Stahl.«

»Warum?«

»Für einen Käfig.«

»Wofür?«

»Ich will mir einen Wellensittich kaufen.«

»Was habe ich dir wegen den dummen Antworten gesagt?«

»Wir müssen einen Nix einfangen«, sagt Fey und nimmt mir damit mal wieder das Reden ab, worüber ich durchaus glücklich bin. Ich schlage mich ungerne mit den eigenartigen Gestalten rum,die plötzlich überall in der Stadt rumzulaufen scheinen.

»Einen Nix einfangen,« er heult überrascht auf, »da habt ihr euch ja was vorgenommen.« Er scheint augenblicklich das Interesse an dem Thema zu verlieren. »Ihr habt nicht zufällig kürzlich die Frau gesehen, die ich suche?«

»Zu letzten Mal, als du in meiner Wohnung warst. Meine Tischdecke konnte dir offenbar nicht weiterhelfen.«

»Willst du sie wiederhaben?«

»Nein, danke. Ich hab noch genügend anderen Krempel, den ich ankokeln kann.« Ich schaue über seine Schulter. Auf einem Gebäude hinter ihm steht eine vermummte Gestalt.

Der Sheriff dreht sich um und schaut in die gleiche Richtung. Die Gestalt regt sich nicht. Er wird sichtlich nervös. »Ich muss weiter«, sagt er knapp und verschwindet.

Ich schaue Fey fragend an. Dann wieder zu dem Gebäude. Die Gestalt ist verschwunden. Ich schüttele den Kopf. Ich habe genug Dinge, um die ich mir Gedanken machen muss. Seltsame Gestalten, die auf alten Häusern stehen, müssen sich hinten anstellen.

Ein leises Platschen kommt aus dem See. Ich gucke ins Wasser, aber es ist nichts zu sehen. Vermutlich ein Fisch, der etwas auf der Wasseroberfläche gefangen hat. Ich nehme Fey an der Hand und will gehen. Ein weiteres Platschen hält mich davon ab. Im Wasser regt sich nichts. Die Oberfläche ist ebenfalls still. Stille Wasser sind tief, sagte irgendjemand irgendwann. Ich versuche, so tief wie möglich in den See zu schauen. Ich kann nichts erkennen, außer das Licht der Sonne, dass sich im Wasser spiegelt. Aus dem Licht taucht ein Gesicht auf. Etwas springt aus dem Wasser nach oben. Es packt mich, bevor ich überhaupt realisieren kann, was da gerade passiert. Ich werde ins Wasser gezogen und schneller, als es ein Mensch könnte, zieht mich das Wesen durch den See. Da ich nicht mal Zeit hatte, vorher tief einzuatmen, geht mir schnell die Luft aus. Alles wird schwarz. Ich fürchte, das wars. Uh, das reimt sich, denke ich, während ich absaufe.

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Auf der Suche nach dem ersten Blogpost #14

Zu Teil 13

Gorda schaut mich an, als würde er mich am liebsten an einer seiner Ketten durch das Labyrinth führen. Ich stehe nicht auf sowas, aber wenn Fey mich fragen würde, würde ich wohl ja sagen. Ich kann ihrem Lächeln einfach nicht widerstehen. Glücklicherweise erinnert sie sich daran, dass wir wegen etwas anderem hier sind.

»Wir brauchen deine Hilfe, Gorda.«

»Das ist mir bewusst, Fey. Sonst wärt ihr wohl kaum hier.« Er steht breitbeinig da und hat den langen Stab seines Vorschlaghammers auf der Schulter. Wenn man bedenkt, wohin die Kette verschwindet, ist es wahrscheinlich nicht möglich, seine Beine näher zusammenzubringen. »Die Frage ist, wie ausgerechnet ich euch helfen kann.«

»Erst mal würde mich interessieren,was mit den Opfern passiert ist, die vor Jahren hier ins Labyrinth geschickt wurden.«

Mir gefällt der Blick nicht, mit dem Gorda Fey anguckt. Scheinbar hat sie direkt seinen wunden Punkt erwischt. Bei einem Mann wie ihm ist das sicher keine gute Sache.

»Natürlich willst du das wissen, Fey. Du warst schon immer eine von der neugierigen Sorte.« Gorda lässt den Vorschlaghammer auf den Boden krachen und geht ans Feuer, das in der Mitte des Raums lodert. Er wirft einen Holzscheit nach. »Du solltest mittlerweile wissen, das deine Neugierde dich in ernste Schwierigkeiten bringen kann.« Er wirft noch einen Scheit nach und schaut uns ausdruckslos an.

Ich habe das Gefühl einschreiten und meine Freundin verteidigen zu müssen. »Drohst du ihr?«, höre ich mich fragen. Über mich selbst überrascht stehe ich wie angewurzelt da, als Gorda auf mich zustürmt. Direkt vor meiner Nase bleibt er stehen.

»Was willst du Wicht dagegen tun?«, fragt er.

Ich habe keine Antwort, aber langsam die Schnauze davon voll, dass jeder mich rumschubst und meint, er wäre mir überlegen. Auch wenn sie alle Recht damit haben. »Ach, fick dich doch«, schreie ich ihn an und bin erstaunt darüber, dass ich mich das traue und noch mehr darüber, dass er zurückzuckt. Ich nutze die Gelegenheit und setze nach. »Fick dich. Fick deine Ketten. Und fick deine Stierhoden, die an der Kette liegen. Was soll der Scheiß überhaupt? Bis du pervers oder was?«

Er schaut mich an und reagiert, wie ich es nicht erwartet hätte. Er öffnet seine Hose und zieht sie aus. Ich verziehe das Gesicht beim Anblick seines Stiergemächts. Die anschließenden Gedanken drehen sich eher um Eifersucht und die Angst, dass Fey mich alleine nach Hause schicken könnte. Zu meinem Glück scheint sie nicht sehr beeindruckt zu sein. Ich schüttele die Verwunderung darüber aus meinem Kopf und folge der Kette mit den Augen. Sie endet nicht da, wo ich vermutet hätte. Sie führt hinunter zu seinen Knöcheln, wo sie an Fußfesseln befestigt ist. Offenbar ist er nicht so frei, wie er es gerne wäre.

»Hast du noch mehr dumme Fragen, oder können wir uns dann den wichtigen Dingen widmen?« Mich wundert es, dass keine Rauchschwaden aus seinen Nasenlöchern kommen. Er wendet sich Fey zu, weil er von mir die Schnauze voll hat. Ich habe vollstes Verständnis.

»Den Mädchen und Jungen geht es gut«, sagt der Minotaurus knapp und gibt mit seinem Blick zu verstehen, dass es höchste Zeit für einen Themenwechsel ist.

Fey ist schlau genug, der stillen Forderung nachzukommen. »Ich hatte gehofft, du wüsstest einen Rat um uns zu helfen«, sagt sie. »Wir müssen einen Nix bekämpfen.«

»Da seid ihr hier genau richtig. Es gibt nur eine Sache, die einem Nix Schaden zufügen kann.« Gorda geht zu einem Metallbehälter und zieht einen unförmigen Klumpen heraus.

»Ein unförmiger Klumpen kann einem Nix schaden zuführen?« Ich bin mal wieder nicht ganz so schnell von Begriff wie es mir gut tun würde. »Sollen wir ihm damit den Schädel einschlagen?«

»Es geht nicht um die Form. Es geht um das Material, du Pferdehirn.« Gorda spricht wieder mit Fey. »Es handelt sich um Stahl.«

»Stahl? So etwas simples? Vielleicht sollten wir ihn einfach mit Besteck bewerfen.«

»Damit wirst du ihm kaum etwas anhaben, du Schafskopf.«

»Was schlägst du vor, Gorda?« Fey lenkt gekonnt davon ab, dass ich seinen Hass auf mich ziehe.

»Kommt darauf an, was ihr vorhabt.«

»Wir wollen ihn nur aus dem Verkehr ziehen«, sagt Fey. »Ohne Verletzungen«, fügt sie hinzu.

»Ich habe dabei an einen Käfig gedacht«, sage ich.

Der Minotaurus setzt zu einem Hasskommentar an, aber bremst sich sebst. »Gar keine schlechte Idee, Schweinebauch.« Er tätschelt mir sanft den Bauch und ich habe das Gefühl, dass ich mir den Magen gleich mehrmals gebrochen habe.

»Danke«, knirsche ich durch zusammengebissene Zähne und hoffe, dass wir bald hier rauskommen.

»Ich kann euch einen Stahlkäfig schmieden. Aber das dauert eine Weile.«

»Von was für einer Weile reden wir hier?«

»Ein paar Tage.« Er schaut in den Metallbehälter. »Ich muss mehr Stahl besorgen. Geht nach Hause. Ich bringe den Käfig vorbei, wenn er fertig ist.«

»Ich denke, du darfst das Labyrinth nicht verlassen.«

»Ich darf tun und lassen was immer ich will«, schnauft er in mein Gesicht. Er atmet tief ein und fügt hinzu: »Du Affenarsch.«

Wir gehen dann mal lieber.

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Auf der Suche nach dem ersten Blogpost #13

Zu Teil 12

Ich schaue Fey verdutzt an. »Warum sollte ich den Weg kennen? Bis vor Kurzem wusste ich nicht mal, dass diese Kackhöhle existiert.«

»Stimmt. Mein Fehler.«

Ich bin sicher, dass sie mir mal wieder nur die Hälfte erzählt, weil sie mehr nicht verraten darf oder will. Aber ich werde mich später damit befassen. Momentan ist mein Primärziel, diese eklige Höhle zu verlassen.

»Also, wie kommen wir jetzt wieder hier raus?«

»Es ist ein Labyrinth«, sagt Fey und beantwortet damit alles, nur nicht meine Frage. Nun ja, und eigentlich auch sonst nichts, was nicht ohnehin völlig offensichtlich wäre. »Wir hätten uns den Weg markieren können.«

»Hätten wir, ja. Wir hätten auch einfach mit dem Arsch zu Hause bleiben können. Aber ›hätte‹ bringt uns jetzt nicht wirklich weiter, oder?« Ich klinge etwas aggressiver, als ich es will. Immerhin sehe ich in der Dunkelheit nicht Feys Reaktion und fühle mich deshalb nur halb so schlecht, wie ich es sollte. Ich mag die Dunkelheit und den Geruch und den Bodenbelag und überhaupt alles in der Höhle ganz und gar nicht.

Fey fasst mich an den Schultern. Direkt vor mir kann ich ihre glänzenden Augen erkennen, die selbst in dieser Düsternis nicht ihre Anziehungskraft verlieren.

»Schließe deine Augen«, sagt sie. Ich tue es. »Konzentriere dich«, sagt sie. Ich versuche es. »Weise uns den Weg«, sagt sie. Ich scheitere.

Ich kapiere nicht, was sie meint. Ich kenne den Weg nicht. Woher auch.

»Wenn du dich konzentrierst, wirst du den Weg finden.« Fey meint es offensichtlich ernst.

Ich versuche es erneut. Mit geschlossenen Augen – was ohnehin keinen Unterschied macht – taste ich mich durch die Dunkelheit. Ich konzentriere mich auf meine Umgebung. Ich stelle mir vor, wie ich meine Sinne schärfe. Ich lausche nach wegweisenden Gräuschen. Es sind keine da. Ich warte auf einen Luftzug, den ich auf meiner Haut spüre, der mir zeigt, wo der Ausgang sein könnte. Es kommt keiner. Ich rieche nach verdächtigen Gerüchen. Das war ein Fehler. Ich huste und atme lieber durch den Mund weiter.

»Das kannste vergessen«, keuche ich hervor.

Fey seufzt. »Gibst du immer so schnell auf?«

»Du hast doch gesehen, wie ich lebe, oder? Meinst du diesen unfassbar hochwertigen Lebensstil könnte ich mir leisten, wenn ich schnell aufgeben würde?«

»Du hast doch gar keinen hochwertigen Lebensstil.«

»Die Sache mit dem Sarkasmus muss ich dir wohl doch noch mal genauer erklären.«

Es ist einer dieser Momente, in denen man einfach nur einmal tief einatmen will, um dann »scheiß drauf« zu sagen, das Mädchen bei der Hand zu nehmen und sich ins Abenteuer zu stürzen. Ich atme tief ein, sage »scheiß drauf«, suche nach Feys Hand, fingere versehentlich an anderen Körperstellen herum, bevor ich ihre Finger zu fassen kriege und entschuldige mich, bevor ich mich mit ihr ins Abenteuer stürze.

»Ich führe uns hier raus«, sage ich entschlossen, »und wenn es das Letzte ist, was ich tue.« Ein lahmer Spruch, ich weiß. Aber manchmal fällt einem einfach nichts besseres ein, wenn man in einer dunklen versifften Höhle rumsteht.

Eine gefühlte Ewigkeit schleife ich Fey durch das Labyrinth. Ich bin bereit tatsächlich aufzugeben, als ich aus den Augenwinkeln einen Lichtschein erkenne. Es ist nur ein Schimmern und es ist nur für den Bruchteil einer Sekunde zu sehen, aber es ist ein Ziel.

Das Licht stammt von einer Fackel, die an der Wand hängt. Sie ist erloschen, aber noch warm. Einige Meter weiter hängt noch eine Fackel. Die Flammen versuchen sich verzweifelt am Leben zu halten, aber sie haben keine Chance.

»Wir sollten diesen Fackeln folgen, bevor sie erlöschen«, sage ich.

Fey widerspricht nicht. Offenbar habe ich zum ersten Mal seit … immer, eine gute Idee.

Er sieht aus wie einer dieser muskulösen, tätowierten, am ganzen Körper mit Piercings behangenen Rockstartypen, die man unweigerlich zum kotzen finden muss, weil sie rüberkommen wie eingebildete Arschlöcher, die tatsächlich meinen, dass die Weiber, die sie jeden Abend flachlegen, sich für sie und ihre Kackmusik interessieren. Aber er ist anders. Er ist kein Musiker. Und er weiß, dass ihn alle hassen. Aber es ist ihm scheißegal. Ich respektiere so eine Einstellung und mag ihn sofort. Obwohl er ein Arschloch ist.

Er stochert mit einem glühenden Schürhaken in einem Feuer herum und hält die heiße Spitze nah an seinen übergroßen Nasenring, von dem aus eine Kette in seine Hose verläuft. Ich bin unendlich froh, dass er eine Hose an hat.

»Ihr habt euch Zeit gelassen«, sagt er und legt den Schürhaken auf einen Amboss. »Nochmal hätte ich die Fackeln nicht angezündet.«

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Auf der Suche nach dem ersten Blogpost #12

Zu Teil 11

»Du hättest mir wirklich mal was sagen können«, sage ich zu Fey, während wir uns vom Zirkusplatz entfernen.

»Tut mir leid. Ich konnte dir nicht mehr sagen.« Sie tupft mit einem Lappen an meinem Gesicht herum und küsst mich auf die Wange. Ich nehme die Entschuldigung an.

»Also gut«, ich zünde mir eine Zigarette an, um meine Nerven zu beruhigen, »wie geht es jetzt weiter?«

»Ich schätze, wir müssen Nick suchen und ihn irgendwie einfangen, oder sowas.«

»Einsperren ist eine gute Idee. Aber wie?«

»Ich denke, wir sollten in das Labyrinth gehen«, sagt sie.

»Weil das immer eine gute Antwort ist, oder hat das einen besonderen Grund?«

»Der Minotaurus wird uns helfen können.«

 

Die Erkenntnis, dass ich aus gutem Grund nie in einem Ruderboot gesessen habe, manifestiert sich, als ich mit Fey über einen See zu einer kleinen Insel paddel. Wir wären wohl eher angekommen, wenn ich nicht eine Viertelstunde damit verbracht hätte, das Boot mit einem Paddel auf dem See im Kreis zu drehen bevor ich heraus finde dass man so nicht wirklich voran kommt.

Die Insel ist nicht gerade ein tropisches Paradies. Offensichtlich hat jeder Bewohner der Stadt mindestens ein Mal seinen Schrott hier abgeladen. Zwischen verwelkten Sträuchern und toten Bäumen liegen alte Autoreifen, Müllbeutel und eine rostige Badewanne.

»Paradiesisch«, sage ich. »Wo ist das Labyrinth?«

Fey schaut sich um und zeigt in eine Richtung in der ich nichts sehe, außer alten Ramsch und Müllberge. Ich folge ihr, da sie offenbar mehr sieht, als ich. Irgendwo hinter dem ganzen Plunder versteckt sich ein Höhleneingang, der ungewöhnlich sauber, aber gewöhnlich uneinladend aussieht.

»Bist du sicher, dass wir da rein gehen wollen?« Ich habe eine Abneigung gegen gammelige Höhleneingänge, aus denen ein Geruch weht, als hätte darin ein Massenmörder seine Opfer in einer Jauchegrube versteckt.

»Du kannst hier drau0en warten, wenn du willst.«

»Und dich alleine in die dunkle Todeshöhle schicken? Würde ich tun, aber mein ausgeprägter Kavalierssinn hindert mich daran.« Ich betrete die Höhle und atme durch den Mund weiter. »Und er sorgt dafür, dass ich sogar vorgehe.«

»Mein strahlender Held.« Fey grinst mich glücklich an.

»Toll. Du hast den Sarkasmus für dich entdeckt. Ab jetzt bin ich offiziell komplett in dich verknallt.« Ich gebe ihr einen Kuss, um zu beweisen, dass ich auch mal die Initiative ergreifen kann. Dann gehe ich entschlossen weiter in die Dunkelheit.

Kurz darauf erschrecke ich mich vor meinem eigenen Schatten und lasse Fey vorgehen, die sich in der Finsternis besser zurecht zu finden scheint. Offenbar haben Feen bessere Augen als daueralkoholisierte Vollidioten.

Die Höhle ist feucht, muffig und dunkel. Der Boden knirscht bei jedem Schritt. Steiniger Boden sollte nicht knirschen. Ich will gar nicht wissen, worauf wir gerade herumlaufen. Fey denkt nicht darüber nach. Sie scheint wie üblich einfach über den Boden zu schweben und alle Sorgen, die vor ihr liegen, bereits hinter sich gelassen zu haben. Ich suche in meiner Hosentasche nach meinem Feuerzeug, da sich der dämliche Gedanke in meinem Kopf festgesetzt hat, herausfinden zu müssen, was da auf dem Boden liegt. Es ist wahrscheinlich ein glücklicher Zufall, dass ich mein Feuerzeug offenbar zu Hause vergessen habe.

Wir irren scheinbar ewig durch dunkle Gänge. Ich taste mich hinter Fey her, die einem Weg folgt, den nur sie sieht. Zumindest nehme ich das an. Nach einer weiteren gefühlten Ewigkeit des Umherirrens frage ich sie, wie lange wir noch durch die stinkige Höhle stolpern müssen.

»Weiß ich nicht«, ist ihre ehrliche Antwort. Sie bleibt stehen und ich pralle in der Finsternis mit ihr zusammen. Sie bleibt unbeeindruckt an Ort und Stelle. »Du kennst doch den Weg.«

Ich gucke doofer als je zuvor. Zum Glück sieht mich in der Finsternis niemand.

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Auf der Suche nach dem ersten Blogpost #11

Zu Teil 10

Ich schaue Fey an. Sie scheint sich so unsicher wie ich zu sein, ob wir wirklich hier im Zirkuszelt stehen sollten, während ein Dompteur eine Horde Tiger durch brennende Reifen springen lässt.

Der Zirkusdirektor und die Rauhaut an seiner Seite kommen mit einigen Büchern angelatscht.

»Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt«, erkennt der Direktor richtig und ist dabei, diesen Umstand zu ändern. »Mein Name ist Rullon. Ich leite diese Manege.«

Er verzichtet darauf, uns einen Händedruck anzubieten, was ihn für mich zumindest ein kleines Stück sympathischer macht. Dieses ständige Fettfingergewurschtel, wenn man jemanden kennen lernt, ging mir schon immer gegen den Strich. Wer weiß, wie oft sich die neue Bekanntschaft gerade am Arsch rumgefummelt hat, kurz bevor er mir seine versiffte Hand hin hält.

»Ich habe erfahren, dass du, liebe Fey, im Entführungsfall recherchierst und ich denke, dass ich äußerst behilflich sein kann.«

»Warum sollte ich dir trauen, Mantikor?« Fey scheint ihn zu kennen. Und nicht zu mögen.

»Liebe Fey, wir sind sicher nicht immer einer Meinung, aber in diesem Fall können wir uns gegenseitig behilflich sein. Betrachte es als eine geschäftliche Vereinbarung.«

»Du weißt genau, dass ich keine Geschäfte mit Leuten wie dir mache. Auch eine Fee hat ihren Stolz.«

»Fey. Es ist ganz einfach.« Rullon schnippt mit den Fingern und der Handlanger haut mir mal wieder eine rein, wobei mir seine Schmiergelpapierhaut die Bartstoppeln von der Wange schleift. »Entweder du hilfst mir, oder dein Freund hier stirbt. Und das ist sicher nicht in deinem Interesse.«

»Das kannst du nicht machen.« Fey ist zum ersten Mal, seit ich sie kenne, nicht die Ruhe in Person. Beunruhigend. »Ich brauche ihn. Wir brauchen ihn.«

»Ich gebe nichts auf die Menschen und das Schicksal und den ganzen Quatsch. Das weißt du genau.«

Ich spucke etwas Blut in den Sand. »Ich übrigens auch nicht«, sage ich und kriege dafür direkt noch eine geschallert. Immerhin auf der anderen Seite des Gesichts, wodurch mein Bartwuchs wieder ausgeglichen sein dürfte. »Vielleicht können wir uns einig werden«, sage ich und versuche mir die Schmerzen in der Visage nicht anmerken zu lassen.

»Vernünftige Entscheidung, mein Freund«, sagt der Direktor und holt ein Buch hervor. Er setzt sich auf einen Hocker, auf dem vor wenigen Minuten noch ein Tiger gesessen hat. »Wie ihr euch sicher schon gedacht habt, geht es um Nick. Nun, ich möchte euch etwas über ihn erzählen.«

Wir setzen uns hin. Nicht weil wir nicht mehr stehen können, sondern weil der Direktor mit einer Handbewegung klar macht, dass stehen bleiben keine Option ist. Seine dicken Finger greifen in die Brusttasche seines hässlichen Jacketts, aus dem er zu platzen droht. Er holt eine Brille hervor deren Bügel sich auseinander dehnen, als er sie über seinen kantigen Schädel schiebt.

»Dieses Buch wurde mir und meinem Bruder geschenkt, als wir Kinder waren.« Er klopft mit der Hand auf den Buchdeckel. »Und die Geschichte darin sorgte immer für, sagen wir, Auseinandersetzungen zwischen ihm und mir.

Wir gehören zu den Wächtern. Ich habe mich schnell damit abgefunden, dass es meine Bestimmung ist, dafür zu sorgen, dass die Welt im Gleichgewicht bleibt. Dass alles seinen geregelten Gang geht. Die Welt und ihre Bewohner zu beschützen ist meine Aufgabe. Und ich nehme diese Aufgabe ernst.« Er schaut Fey an. »Du weißt, dass ich keine Zurückhaltung kenne, wenn es darum geht, meine Aufgabe zu erfüllen.«

»Du wolltest hunderte Unschuldiger töten.«

»Das war notwendig. Sie stellten eine Gefahr dar.«

»Du weißt genau so gut wie ich, dass das nicht wahr ist. Die meisten haben überlebt und die Welt existiert weiterhin.«

»Dann wurden wohl genau die richtigen ins Jenseits befördert.«

»Dir ist wirklich alles recht, um deine Ziele umzusetzen, nicht wahr?«

»Meine liebe Fey, es geht hier nicht um mich. Oder dich. Oder ihn.« Er hebt nicht mal einen Finger, um auf mich zu zeigen. Vermutlich hat er mich schon abgeschrieben. Er könnte recht haben. »Es geht um das Wohle aller. Und dafür ist mir jedes Mittel recht.« Er sieht Fey an, als wollte er ihr den Kopf abbeißen. »Und dir sollte das egal sein. Du weißt, was beim letzten Mal passiert ist, als mir jemand in die Quere kam.«

»Ich werde das Gefühl nicht los, dass ihr euch schon länger kennt«, sage ich und kriege als Antwort eine Reibeisenfaust an den Kopf.

»Aber heute, liebe Fey, können wir uns gegenseitig helfen.«

»Warum sollte ich dir helfen?«

»Weil wir den gleichen Feind haben.«

»Wen?«

»Meinen Bruder. Nick.«

»Nick ist dein Bruder? Ihr seht euch überhaupt nicht ähnlich.« Die Faust schmiergelt mir die Barthaare über die Wange. »Lass mich raten: Du bist adoptiert.«

Rullon hebt die Hand und verhindert so, dass mein Gesicht weiter geschmiergelt wird. »Diese ganze Sache ist viel komplexer, als du dir vorstellen kannst. Die liebe Fey hier hat dir sicher nicht alles erzählt.« Er schaut Fey an. »Ahnte ich doch. Siehst du, es gibt Regeln denen wir alle unterliegen. Für jeden gelten besondere Gesetzmäßigkeiten, an die er sich zu halten hat. Die liebe Fey beispielsweise darf dir nicht alles verraten, was du wissen musst, wenn du es nicht ausdrücklich wünschst. Sie ist eine Fee und kann dir somit zwar jeden Wunsch erfüllen, aber du musst wissen, was du wissen willst. Eine verzwickte Situation, wenn du mich fragst. Ich andererseits könnte dir alles erzählen. Aber ich habe kein Interesse daran, hier den Märchenonkel zu spielen, deshalb beschränke ich mich auf das für mich relevante.

Was ich nicht kann, ist meinen Bruder aufzuspüren und unschädlich zu machen.« Er sucht nach einer bestimmten Seite in dem Buch und hält uns ein Bild vor die Nasen. »Auf diesem Bild seht ihr die Wächter der alten Zeit. Unsere Vorfahren, wenn man es so nennen will. Zu jeder Zeit muss es genügend Wächter geben. Wenn ein Wächter abtritt, muss er durch einen neuen Wächter ersetzt werden. Diese Wächter werden schon in der Kindheit vom Schicksal bestimmt. Ich bin ein Wächter. Mein Bruder ist ein Wächter. Der Drache mit der schuppigen Haut, der dir so gerne ins Gesicht schlägt, wenn du mal wieder etwas dummes gesagt hast, ist ebenfalls ein Wächter. Und auch die liebe Fey hier ist eine Wächterin. Wir alle haben eine Aufgabe. Wir alle wachen über etwas. Die Fee wacht über die Wahrheit. Der Drache wacht über das Feuer. Der Nix wacht über das Wasser. Und so weiter.« Er legt das Buch auf seine Handfläche und balanciert es in der Luft. »Es existiert eine Art Gleichgewicht in der Welt. Wir sorgen dafür, dass dieses Gleichgewicht bestehen bleibt. Wird das Gleichgewicht zu sehr gestört …« Er lässt das Buch fallen. »… wäre das nicht gut. Nick ist dabei, dieses Gleichgewicht zu stören. Er ist von seinem Pfad abgekommen. Und deshalb müsst ihr ihn unschädlich machen.«

»Hör mal, ich bin kein Mörder. Auch wenn ich Nick schon einmal erschlagen habe. Ihr sucht euch also besser jemand anderen.«

»Oh, ihr müsst ihn nicht töten. Ihr sollt ihn nicht töten. Ihr müsst ihn nur aus dem Verkehr ziehen. Leider gibt es niemand anderen. Nick hat sich dir anvertraut. Du bist der Einzige, der ihn aufspüren kann.«

»Und warum sollten wir das tun?« Fey ist noch weniger überzeugt von der Idee als ich.

»Weil er der Mörder ist, den ihr schon die ganze Zeit sucht.«

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Auf der Suche nach dem ersten Blogpost #10

Zu Teil 9

Überraschenderweise schleift mich Fey mal nicht durch einen Wald, oder irgendwelches Gestrüpp zu einer abgelegenen Behausung irgendeiner irren Person. Die Irre die wir besuchen wohnt mitten in der Stadt. In einer dunklen Kellerwohnung. Beim ersten Anblick der bleichen Gestalt, die die Tür öffnet, fällt mir unweigerlich auf, dass sie unbedingt ins Dachgeschoss umziehen sollte. Am besten eins ohne Dach. Ihre Haut ist so bleich, dass man sie im Sonnenlicht kaum sehen würde. Sie bittet uns herein und ich stolpere durch die Finsternis und laufe gegen eine Wand.

»Können wir vielleicht mal das Licht anmachen?«; frage ich und reibe mir die schmerzende Stirn.

Eine Flamme flackert auf und Schneeweißchen zündet mit einem Streichholz eine Kerze an, die zumindest genug Licht spendet, dass ich einen Stuhl am Küchentisch finde, auf den ich mich setzen kann. Die weißeste Frau in der Stadt beginnt zu erzählen. Es geht um rituelle Opfer, die vor Jahren von jemandem entführt wurden, um ins Labyrinth auf der Insel geschickt zu werden.

»Was denn für ein Labyrinth?«, frage ich und stelle mal wieder fest, dass ich eindeutig zu wenig rumgekommen bin in der Stadt und der näheren Umgebung.

»Die Insel ist von einem Höhlenlabyrinth durchzogen. Das weiß doch jeder.« Die Bleiche schaut mich an, als hätte sie nie einen dümmeren Menschen gesehen. »Niemand weiß, wer für die Entführungen verantwortlich war. Aber wir wissen natürlich, wer im Labyrinth auf der Insel lebt.«

»Wissen wir das?«, frage ich.

Sie hat eindeutig nie einen dümmeren Menschen gesehen. Sie ignoriert mich und wendet sich an Fey, die sie offenbar und völlig berechtigt, für weniger bescheuert hält. »Ihr solltet ihm einen Besuch abstatten. Er wird euch helfen können.«Fey steht auf und bedankt sich bei der Frau, die so weiß ist, wie frisch gestrichene Tapete.

Ich taste mich zur Tür voran, um möglichst schnell aus der Dunkelkammer rauszukommen. Fey hält mich am Arm fest und sieht mir in die Augen.

»Oh nein. Du blutest«, sagt sie.

Ich fasse mir an die schmerzende Stirn und ertaste Flüssigkeit. »Ist nicht so schlimm«, sage ich und wische das Blut an meiner Hose ab.

Fey starrt mich erschrocken an und dreht sich zu der hellen Haut um. Die guckt, als hätte ihr gerade jemand ihre Sonnencreme geklaut. Scheinbar glaubt sie, dass ich sie in der Tasche habe. Sie zeigt mir ihre spitzen Zähne und faucht wie eine Katze, die man in die Badewanne werfen will. Sie stürzt auf mich zu. Für gewöhnlich hätte ich nichts dagegen, von Frauen angesprungen zu werden, aber Beißen ist nur bis zu einem gewissen Grad erregend. Sie hängt an meinen Schultern und versucht, ihre angespitzte Kauleiste in meinen Hals zu hauen. Ich verpasse ihr den schwächsten Kinnhaken der Menschheitsgeschichte. Ich bin kein Frauenschläger, weshalb ich mich trotz der Gefahr stark zurückhalte. Allerdings ist mein Kinnhaken generell eher schwach, also hätte er wohl auch mit voller Kraft nicht mehr Eindruck gemacht. Sie scheint nur noch wütender zu werden. Ihre lange Schlangenzunge wackelt vor meinem Gesicht herum. Ich greife die Zunge mit der rechten Hand, während ich mit dem linken Arm ihren Kopf zurückdrücke. Mehr fällt mir nicht ein. Ich habe keine Hand mehr frei. Ich höre ein Klirren und Tonscherben rieseln mir ins Gesicht. Gefolgt von den Augäpfeln der Scharfzähnigen. Sie scheint verwirrt und lässt von mir ab um auf dem Boden nach ihren Augen zu suchen. Ich packe Fey am Arm, die den Rest der Vase fallen lässt und ziehe sie in der Dunkelheit dahin, wo ich den Ausgang vermute. Ich bin an der völlig falschen Stelle der Wohnung. Die Tür liegt auf der anderen Seite und fliegt auf, als eine Horde Zirkusclowns in die Wohnung stürmt und die blinde Tussi mit bunten Bändern fesselt und knebelt. Ihr Winden und Schluchzen nützt nichts. Der Zirkusdirektor und sein Handlanger kommen rein und stellen sich vor uns auf.

»Da waren wir ja gerade noch rechtzeitig.« Die Ruhe, die der Direktor an den Tag legt, wirkt von Grund auf beunruhigend. »Kommt mit«, sagt er und deutet zur Tür. »Ich will euch etwas zeigen.«

Ich bin dagegen, zurück zu den Zirkusfreaks zu gehen, aber wenn uns der Direktor in seinem Zelt will, werden wir wohl unweigerlich dort landen.

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Auf der Suche nach dem ersten Blogpost #9

Zu Teil 8

Ich sitze auf dem Sofa und gucke Nick dabei zu wie er die Wohnung aufräumt. Ich verstehe einfach nicht wie ein so abgewrackter Typ so einen Putzfimmel haben kann. Obwohl ich weiß, dass ich es bereuen werde kann ich meine Neugier nicht zurückhalten und frage Nick nach dem Drachen.

»Ja, mich verfolgt ein Drache«, sagt er und stopft ein Zettelgewirr in einen Müllbeutel.

»Bist du sicher, dass du dir das nicht nur einbildest? Ich meine, ein Drache fällt doch auf. Ich habe hier in der Stadt aber noch nie einen gesehen.«

»Die meiste Zeit ist er im Zirkus.«

»Es ist ein Zirkusdrache?« Mich wundert es weniger, als es sollte. Nick kam mir schon die ganze Zeit wie ein Clown vor, der aus dem Zirkus geflohen ist.

»Es ist kein Drache, der im Zirkus auftritt. Er ist der Handlanger vom Zirkusdirektor.«

»Der Direktor hat mich auch nach dir gefragt. Was will der Typ von dir?«

Nick lässt den Müllbeutel fallen und sieht mich durch seine fettigen Locken an. »Was hast du ihm erzählt?«

»Nichts.«

»Was hast du ihm erzählt?« Nick springt auf mich zu und packt mich am Kragen meines ausgeleierten Shirts. Seine hässliche Kauleiste kommt gefährlich nahe und der Fischgeruch aus seinem Mund beißt in meiner Nase. Zum Glück habe ich meinen Magen schon an der Brücke entleert, sonst hätte ich neben dem eingetrockneten Blutfleck auf dem Teppich eine zusätzliche Sauerei veranstaltet.

»Man, mach mein Shirt nicht kaputt. Das ist das letzte saubere, das ich habe.« Er lässt mich los. »Ich habe ihm nur erzählt, dass du unter einer Brücke lebst. Mehr wusste ich sowieso nicht.«

»Verdammt. Ich kann nicht zur Brücke zurück.«

»Was ist denn mit dem Typen? Was will er?«

»Den Fluss.«

»Den Fluss? Ist der nicht sowieso für alle da?«

»Du verstehst das nicht. Er will ihn für sich, um alles zu regieren. Land, Luft und Wasser. Er darf mich auf keinen Fall finden.«

Mir wird das schon wieder alles zu undurchsichtig. »Hier bist du jedenfalls nicht sicher«, sage ich, in erster Linie, um den Idioten loszuwerden. »Der Wanderzirkus weiß wo ich wohne. Du musst dir ein anderes Versteck suchen.«

»Also gut. Ich werde dir sagen, wo ich mich aufhalte.«

»Toll. Kann es kaum erwarten in deiner Absteige ein Bier mit dir zu trinken.«

Er kapiert Sarkasmus nicht und haut ab.

Wenige Sekunden später steht Fey im Türrahmen. Immerhin erhellt sie etwas diese Momente meiner völligen Verwirrung, die sich in letzter Zeit anhäufen.

»Was wollte der denn von dir?« Sie setzt sich neben mich.

»In erster Linie aufräumen.« Ich gucke mich in der Wohnung um. Das gröbste Chaos hat Nick zumindest beseitigt.

»Du solltest vorsichtig sein. Nick ist gefährlich.«

»Du kennst den Typen?«

»Natürlich. Er ist ein Nix.«

»Für Nichts kommt er mir aber sehr lebendig vor.«

»Nicht Nichts. Ein Nix. Eine männliche Nixe. Ein Flusswächter.«

»Fey«, ich ergreife ihre Hand, »du solltest dir wirklich angewöhnen, mir die Dinge so zu erklären, dass ich sie verstehe. Denn, um ehrlich zu sein, blicke ich immer noch nicht durch, was hier eigentlich abgeht.«

»Später.« Sie steht auf. »Ich wollte dich um einen weiteren Gefallen bitten.«

Ich stehe seufzend auf. »Welchen Irren willst du dieses Mal besuchen?«

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Auf der Suche nach dem ersten Blogpost #8

Zu Teil 7

Suche nach Blogpost

Ich wache auf der Couch auf, da neben ihr kein Platz ist. Fey ist nicht mehr da. Nachdem sie mir etwas von magischen Wesen erzählt hat, die in der Stadt rumturnen schaltete sich mein Gehirn aus Selbstschutz ab, um nicht zu explodieren. Mein Schädel brummt und ich habe Rückenschmerzen von dem unbequemen Sofa. Ich stolpere im Slalom durch das Gerümpel in der Bude und über den Hausflur. Ich klopfe an Feys Tür. Sie öffnet, nur mit einem Handtuch bekleidet, und strahlt noch mehr, als es sonst schon der Fall ist. Jede Frau wäre stolz auf so eine strahlende Haut. Mein erster Gedanke ist, dass das nicht gesund sein kann. Hautkrebs ist in diesem Fall wohl noch das geringste Übel, das entstehen kann. Fey lächelt mich an und strahlt wie ein Engel. Natürlich ist sie kein Engel. Sie behauptet eine Fee zu sein. Fey die Fee. Ich glaube, sie ist einfach geisteskrank. Was soll’s? Wir haben doch alle einen an der Waffel. Sie bittet mich herein. Fee oder nicht, das Angebot schlage ich nicht aus. Sie lässt das Handtuch fallen und zieht mich am Arm ins Badezimmer. Unter die Dusche. Gute Sache. Seit der ganze Wahnsinn angefangen hat, bin ich nicht mehr zum duschen gekommen. Wahrscheinlich stinke ich schon wie Nick nach einer Nacht unter seiner Siffbrücke. Der Gedanke, dass sie mir wenigstens etwas Zeit hätte geben können, um meine Klamotten auszuziehen, wird von einem Kuss verdrängt. Immerhin wird meine Jeans so gleich mit gewaschen.

Fey muss arbeiten. Ich schleppe die nassen Klamotten über den Hausflur in meine Wohnung und werfe sie zum Trocknen in eine Ecke. Auf dem Couchtisch steht der Laptop. Der Blog-In-Progress ist seit Tagen geöffnet, aber kein Wort geschrieben. Ich setze mich hin und versuche, etwas in den ersten Post zu tippen. Meine Gedanken schwirren um Engel, Feen, Models und andere hübsche Gestalten. Was soll ich damit anfangen? Die Tür gegenüber fällt ins Schloss. Fey ist schon wieder zu Hause. Ich glotze durch den Türspion. Fey verlässt wieder ihre Wohnung. Ich öffne meine Tür und kann gerade so verhindern, dass sie Fey auf den Kopf fällt, als die Angeln nachgeben. Ich lege die Tür in den Flur und frage, warum Fey nicht arbeiten ist, wie sie gesagt hat. Ich klinge wahrscheinlich wie ein eifersüchtiger Ehemann. Da findet man ein mal ein Mädchen, dass einen nicht beim ersten Treffen in den Wind schießt und schon erhebt man Besitzansprüche. Ich hasse mich selbst für die Frage. Fey hat etwas Wichtiges vergessen, das sie auf der Arbeit braucht. Ich kann mich davon abhalten, zu fragen was es ist. Sie soll nicht denken, dass ich ein eifersüchtiger und neugieriger Arsch bin. Eins der beiden reicht erst mal. Da ich eh nichts im Blog zustande bringen werde, biete ich an sie zur Arbeit zu bringen und dann ein paar Erledigungen in der Stadt zu machen. Auch wenn ich selbst nicht den blassesten Schimmer habe, was für Erledigungen das sein sollen. Sie freut sich über das Angebot, schlägt aber vor, dass ich mir zumindest eine Hose anziehen soll. Eine gute Idee. In der Küche finde ich eine Jogginghose, die noch nicht vor Dreck zu Stein erstarrt ist und ein fleckenloses Shirt.

Sie hat es offenbar nicht sonderlich eilig in die Redaktion zu kommen und schlendert langsam neben mir durch die Stadt. Sie ist verhältnismäßig ruhig. Zugegeben, sie ist sowieso keine, die dauernd rumlabert, aber zumindest ein oder zwei Worte könnte sie schon sagen. Zum Beispiel darüber, wie das Leben als Fee denn so ist. Ich überlege, ob ich sie einfach fragen soll, aber entscheide mich dagegen. Vielleicht will sie das Thema lieber vermeiden und ich will nicht riskieren, alles kaputt zu machen, was bis hier hin recht gut funktioniert hat. Ich werde die Sache mit ihr ohnehin noch versauen, aber das muss ja nicht ausgerechnet jetzt sein.

Wir erreichen das Büro. Sie bleibt vor der Tür stehen.

»Das war nett von dir«, sagt sie und drückt mir einen Kuss auf die Wange.

Ich täusche einen Hustenanfall vor, damit sie nicht sieht, wie ich wegen dem Kuss rot anlaufe. Wahrscheinlich glaubt sie jetzt, dass ich denke, sie hat die Pest, oder sowas.

Ich gehe weiter und wühle in meinen Taschen nach Geld, um mir mal ein paar lebensnotwendige Dinge zu kaufen. Das Kleingeld reicht gerade noch für Zigaretten. Das sollte für den Anfang reichen. Eventuell ist auch noch eine Dose Bier drin.

Auf dem Weg zum Kiosk überquere ich eine Brücke. Ich könnte auch zu einem anderen Kiosk gehen, aber der von Kyra ist mir am liebsten. Liegt vielleicht daran, dass sie nicht viel redet. Um ehrlich zu sein, habe ich sie noch nie ein Wort sprechen gehört. Dass sie die Kapuze ihres Pullovers immer so weit über den Kopf gezogen hat, dass man nichts von ihrem Gesicht sehen kann, würde anderen wohl komisch erscheinen. Aber wer kann es ihr verdenken? Es laufen viele Irre herum, die nur darauf warten, eine hübsche Kioskbesitzerin zu missbrauchen.

Während ich so über Irre nachdenke, klettert einer davon am rostigen Geländer der Brücke hoch, über die ich gerade laufe. Ich sehe ihn schon abschmieren und unten im Fluss landen, aber er schafft es irgendwie, sich über das Brückengeländer zu hangeln und vor mir auf dem Gehsteig zu landen.

Es ist Nick. Und ich dachte schon, der ekelhafte Fischgestank käme vom Hafen rübergeweht. Zu meinem Glück hat er keinen Schreibratgeber in der Hand, mit dem er mich erschlagen könnte.

»Ich brauche deine Hilfe«, sagt er, ohne den Mordversuch zu erwähnen.

»Glaube ich gerne«, sage ich und wühle in der Tasche nach meinem Kleingeld.

Er sieht sich nervös um, packt mich am Arm und schleift mich von der Brücke runter hinter einen Müllcotainer am Straßenrand. Ich wäre lieber auf der Brücke geblieben.

»Ich werde verfolgt«, stinkt er mir ins Gesicht.

Ich unterdrücke den Würgreiz, den sein Atem verursacht und versuche mich auf etwas anderes zu konzentrieren, was dummerweise seine grünen Zähne sind, die mich dann doch zum kotzen bringen.

»Bist du krank?«, fragt er.

Vollidiot. Ich hätte einen größeren Schreibratgeber nehmen sollen. »Was willst du, Nick?«

»Du musst mich verstecken. Ein Drache verfolgt mich.«

Mich beschleicht langsam das Gefühl, dass alle in der Stadt völlig bekloppt sind. Oder nur ich selber. Ich weiß was folgt und lade ihn zu mir nach Hause ein, damit er meine Bude aufräumen kann, während er mich mit einer weiteren abstrusen Geschichte nervt.

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Auf der Suche nach dem ersten Blogpost #7

Zu Teil 6

Suche nach Blogpost

Mit dröhnendem Schädel verlasse ich den Zirkusplatz, auf dem bunte Wagen im Matsch und in Tierscheiße stehen. Eine bärtige Lady lächelt mir zu. Ich verdränge den Gedanken sie auf einen Drink einzuladen, in der Befürchtung, dass sich unsere Bärte verknoten könnten wenn das zu mehr führt.

Zu Hause angekommen beschließe ich das Aufräumen zu verschieben und mich einfach irgendwo auf einen sauberen Fleck in der Wohnung zu legen um zu schlafen. Daraus wird nichts, denn ich habe Besuch. Fey hat diesen Fleck bereits gefunden und ihn besetzt.

»Hey, Fey«, begrüße ich sie und hasse mich direkt selbst für diesen dämlichen Satz. Ich kann einfach nicht mit Frauen reden.

»Wo warst du?«, fragt sie mich sichtlich besorgt.

»Hast du dir Sorgen um mich gemacht? Ist ja süß.« Ich fühle mich erneut wie ein Volltrottel, bin aber dankbar, dass Fey offenbar ignoriert, dass ich ein Idiot bin.

»Ich war im Zirkus«, sage ich.

Fey guckt mich an, wie ein Seiltänzer, kurz bevor er auf dem Boden aufprallt.

Während ich ihr erkläre, was passiert ist, geht die Küche in Flammen auf.

Ich schaue mich nach einem Feuerlöscher um, bevor mir einfällt, dass ich so etwas nicht besitze. Als die Frau aus der Waldhütte nackt aus der Küche kommt, denke ich, dass ich ihr eher eine Löschdecke umhängen sollte. Aber in diesem Chaos würde ich nicht mal einen Wandteppich finden. Für meinen Geschmack treibt sie diese Ökoschiene etwas zu weit. Ist zwar eine nette Sache, aber man kann sich ja trotzdem was anziehen. Und wenn es nur ein Hanfgewand ist. Ich lege ihr eine dreckige Tischdecke über die Schultern, die ich in dem Gerümpel gefunden habe.

»Willst du dich setzen?«, frage ich, weil mir einfach nichts blöderes einfällt, dass man eine nackte Frau fragen kann, die gerade aus einer brennenden Küche kam, als würde sie im Park spazieren gehen.

Sie schaut sich um. Sie findet keinen Platz, der eine Sitzgelegenheit bieten würde, ohne vorher aufzuräumen. Sie bleibt stehen.

»Die Welt ist im Wandel«, sagt sie.

Das ist ein alter Hut, denke ich. Komm mal auf den Punkt, denke ich. Ich muss mich setzen, denke ich. Keine Lust, während dem drohenden aussschweifenden Weltuntergangsmonolog rumzustehen.

»Die Wesen bewegen sich«, sagt die schöne Frau und lässt die Tischdecke zu Boden fallen.

»Was soll das wieder bedeuten?«

Sie bleibt mir eine Antwort schuldig und verschwindet in einer Stichflamme. Zurück bleibt nur die angekokelte Tischdecke.

»Klopf, klopf.« Ich hasse Leute, die das sagen, anstatt wirklich anzuklopfen. Es wundert mich nicht, dass der haarige Sheriff die Wohnung betritt. Er sieht sich in dem Chaos um und fragt, was hier passiert ist.

»Ein Feuerschlucker hat hier alles verwüstet«, erkläre ich ihm.

»Warum?«

»Keine Ahnung. Vielleicht macht er das gerne, bevor er jemanden ausknockt und ihm in die Fresse haut, nachdem er wieder aufgewacht ist.« Mein Blick fällt auf die Bananenschale, auf der der Typ mit den akuten Hautproblemen ausgerutcht ist. Ich hebe sie auf und werfe sie in eine Ecke, wo sie keinen Schaden mehr anrichten kann. Die Frage, wo die Schale her kommt, springt mir in den Kopf. Ich esse nie Bananen.

»Ich habe die Spur der Frau hier her verfolgt.« Der Sheriff reißt mich aus meinen Gedanken. »Wo ist sie?«

»Mal wieder in Flamen aufgegangen.« Ich zeige ihm die angebrannte Tischdecke mit den Ketchupflecken. »Was ist eigentlich los mit der Tussi? Diese ständige Selbstentzündung kann doch nicht gesund sein.«

»Sie ist gefährlich«, sagt der Sheriff mal wieder und packt die Tischdecke ein. »Wenn ihr sie seht, ruft mich an.« Er gibt mir eine Visitenkarte. »Wolfgang Werstein, Sheriff« steht darauf. Dazu eine Handynummer. Ich habe nie einen Sheriff gesehen, der Visitenkarten verteilt. Um genau zu sein, habe ich noch nie einen Sheriff gesehen. Und Visitenkarten kriege ich auch eher selten zugeschoben. Und in keinem Fall sehen sie aus, als hätte sie jemand mit einem zu kleinen Buntstift in zu großen Händen selbst gekritzelt. Ich werfe die Karte auf den Couchtisch und weiß schon jetzt, dass sie für immer verschwunden sein wird, falls ich mal danach suchen wollte. Der Sheriff haut ab und lässt mich genau so schlau wie vorher zurück.

Fey hat die ganze Zeit still dagesessen, ohne sich zu bewegen. Ich schiebe einen Schrank vom Sofa und setze mich seufzend neben sie.

»Ich wünschte, jemand würde mir mal erklären, was eigentlich los ist.«

Fey stupst mich mit einem Finger an. Bevor ich mich darüber wundern kann was der Quatsch soll, beginnt sie zu erklären.

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