Warum Charaktere so wichtig für eine Geschichte sind

Anstoß zu diesem Post ist tatsächlich kein Buch, sondern die Filmlandschaft. Ich bin ja bekanntlich großer Filmfan – um nicht zu sagen unverbesserlicher Filmfreak – und gucke dementsprechend viele Streifen aus allen Epochen und allen Genres. Zuletzt gab es im Kino Christopher Nolans Kriegsfilm „Dunkirk“. Was ich genau von diesem Film halte, könnt ihr auf meinem Filmblog nachlesen (und nein, der Film ist kein Schrott, auch wenn der Blog so heißt).

Minimale Spoiler zum Film sind zu erwarten.

Auf eine Sache möchte ich aber hier etwas näher eingehen. Denn das ist ein Problem, dass sich in Hollywood mittlerweile offensichtlich etabliert hat und einige gute Filme daran hindert, fantastische Filme zu sein. Die Rede ist von Charakteren (der Titel dieses Posts hat euch sicher schon auf den Gedanken gebracht, dass es darum gehen könnte).

In „Dunkirk“ geht es um die zu Kriegsbeginn eingekesselten Soldaten in Dünkirchen, die auf Rettung warten, während die Deutschen immer näher rücken und hin und wieder mal mit einem Kampfflugzeug vorbei kommen, um ein paar Schiffe zu versenken. Der Film verfolgt die Geschehnisse aus drei Perspektiven: Land, Wasser und Luft. Und dabei hängt er sich jeweils stark an einen oder zwei Charaktere und weicht denen nicht von der Seite, so dass man als Zuschauer quasi mitten im Geschehen ist. So weit so gut.

Das Problem: Die Charaktere sind eigentlich gar keine Charaktere. Sie sind einfach nur irgendwelche Jungs, die halt in der Scheiße sitzen. Nicht mal die Namen erfährt man von ihnen. So hängt man also am Rockzipfel – oder Uniformszipfel – von fremden Personen und folgt ihnen durchs Wasser und die Luft. Nur bleibt einem dadurch eine wichtige Sache verwehrt: Das Mitfiebern, dass es diese Leute auch da raus schaffen. Klar, wir wissen, dass die Situation richtig kacke ist und man hat dadurch zumindest ein gewisses Gefühl für die missliche Lage. Aber das reicht nun mal nicht.

Generell ist es inzwischen im Film offenbar so, dass es wichtiger ist, möglichst actionreich zu inszenieren, dabei aber zu vergessen, dass Action eben nur so gut ist, wie die Charaktere, die sich in dieser Action befinden. Wenn mal wieder irgendein Marvel-Monster die Erde fressen will, auf dieser Erde aber nur Abziehbilder von Menschen herumhampeln, ist es mir einfach egal. Wenn die Aliens in „Independence Day 2“ erneut angreifen, sie aber ohnehin nur seelenlose Hüllen vernichten, können sie die Erde wegen mir gerne abfackeln (und nebenbei: Guckt niemals „Independence Day 2“. Ganz ehrlich, lasst es. Das ist der mit Abstand schlechteste Film, der jemals gemacht wurde. Und ich weiß, wovon ich rede, denn ich habe schon so einige Grütze gesehen.)

Es ist wie in den Nachrichten. Wenn ein Bus voller Nonnen eine Klippe herunterstürzt, denkt man sich auch „Ja, schon doof für die Nonnen.“ Aber kennen wir eine dieser Nonnen, oder den Busfahrer? Nein. Also ist es eben nur eine Schlagzeile. Wir wissen, dass in Afrika die Kinder verhungern und natürlich ist das einfach nur ganz große Scheiße. Aber zeig mir tausend Bilder von verarmten Dörfern in Afrika und viel mehr als ein kurzes Resignieren wird nicht kommen. Stell mir hingegen eins dieser verhungernden Kinder vor und du erhältst eine gefühlsmäßige Reaktion. Und so ist es eben auch mit Charakteren in Fiktion. Sei es nun im Film, oder im Buch, oder von mir aus auch im Videospiel.

Warum das gerade jetzt so erwähnenswert ist, liegt übrigens daran, dass Christopher Nolan bisher eigentlich immer ganz gut mit seinen Charakteren umgegangen ist. In seinen bisherigen Filmen hatte man eigentlich immer das Gefühl, die Leute zumindest einigermaßen zu kennen. Bei „Dunkirk“ leider überhaupt nicht. Jetzt könnte man natürlich argumentieren, dass das nur widerspiegeln soll, dass auch die Soldaten sich untereinander nicht kennen und einfach nur ums Überleben kämpfen. Trotzdem wird man eben einer wichtigen Gefühlsinvestition beraubt, die so einen Film eben noch mal auf ein höheres Level heben kann. Und das ist einfach schade. Und eben leider kein Einzelfall.

Wollte das mal spontan loswerden (und in dem Zusammenhang hier mal wieder was schreiben, damit der Blog nicht komplett stirbt). Wie seht ihr das? Habt ihr den Film gesehen und teilt meine Meinung dazu? Und wie steht ihr generell zu der Wichtigkeit von Charakteren in Geschichten? Und will jemand mit mir Urlaub in Dünkirchen machen? Soll schön sein da.

Schreiben wie ein selbsternannter Schriftsteller – Charaktere beschreiben

Wisst ihr noch damals? Also vor 2 Wochen oder so? Als ich euch hier erklärt habe, wie ein selbsternannter Schriftsteller statische Elemente beschreibt? Nein? Auch egal. Denn heute zeige ich euch, wie man nichtstatische (unstatische? nonstatische?) Elemente beschreibt. Also finstere Typen und eigenartige Gestalten. Oder in unserem Fall eben Peter, der Sohn des Hausmeisters und der schwarze Magier Lord Edgar.

Nur noch mal zur Information die Ausgangslage: Peter steht am Stall und Edgar am Galgen auf dem Burghof. Und das Wetter ist so richtig schön Sintflut.

Also weiter. Wir wollten die Charaktere beschreiben. Beginnen wir also mit Peter, dem Sohn des Hausmeisters. Als Sohn des Hausmeisters hat Peter selbstverständlich eine Latzhose an. Das ist aber auch das einzige Kleidungsstück, dass sich der Sohn eines Hausmeisters leisten kann. Das ist natürlich ein bisschen wenig, aber mit etwas Vorgeschichte kann man da sicher was drehen. Sagen wir beispielsweise, dass sich Peter vor dem finalen Kampf eine Rüstung besorgte, die er jetzt angelegt hat.

Die dicken Regentropfen klopften auf den Eimer, der auf Peters Kopf saß. Die zersägten Dachrinnenstücke an Armen und Beinen verhinderten zumindest teilweise, dass seine Latzhose nass wurde. Die Ofenklappe saß etwas locker an seiner Brust. Peter zog das dünne Seil, das um seinen Hals hing, fester und rückte den improvisierten Brustpanzer mit seinen knochigen Fingern zurecht. Durch die zwei Löcher, die er zuvor in den Eimer gebohrt hatte, blickte Peter mit seinen blauen Augen zum Galgen hinüber.

Ich schätze, damit sieht unser Held erst mal dämlich genug aus. Und, dass er blaue Augen hat haben wir auch noch erfahren. Das bringt zwar überhaupt nichts, aber ich habe festgestellt, dass die Augenfarbe aus irgendeinem Grund unfassbar interessant für viele Leser zu sein scheint, also baue ich sie einfach mal so nebenbei ein.

Damit steht unser Held also bereit. Fehlt noch der Antagonist. Erste Regel: „er sah böse aus“ ist wirklich nur verwendbar, wenn euch gar nichts besseres einfällt. Und falls das der Fall sein sollte, sucht euch ein anderes Hobby.

Regentropfen bahnten sich einen Weg durch das Gewirr von Edgars langem Bart und tropften auf seine Kutte. Edgar ignorierte das herabfallende Wasser. Die schwarze Kapuze schützte seinen haarlosen Kopf vor dem Schauer. Seine langen Fingernägel spielten an seiner Gürtelschnalle mit dem Totenkopf herum. Mit seinen grünen Augen starrte er den lächerlichen Ritter am Stall an.

Augen, ist klar ne? Ansonsten natürlich ein paar Klischees, aber das kann man schon mal machen. Hauptsache da steht nicht „er sah böse aus“. Dazu kriegt man auch mal einen kleinen Einblick in einen direkten Gedankengang, denn Edgar hält seinen Gegner für „lächerlich“. Mit anderen Worten, er glaubt, dass er leichtes Spiel haben wird. Das kann noch wichtig sein, wenn er seinen Gegner unterschätzt. Aber mal schauen …

Was man noch machen könnte, wäre Peter eine Waffe zu geben. Wie einem Ritter eben. Aber das ist auch wieder abhängig davon, wie der Kampf verlaufen soll.

Das sehen wir dann im letzten Teil dieser Beschreibungsreihe, wenn wir die vorhandenen Beschreibungen zu einer Szene zusammensetzen und die Action so richtig starten kann. Uiuiui, das wird aufregend …

Könnt ihr es auch kaum erwarten? Und findet ihr nicht auch, dass es viel zu wenige Beschreibungen von Augen gibt? Dabei sind die so vielseitig: Blau, Braun, Grün, Blind, Ausgestochen …