Ich sitze am Wasser und werfe Steine in den See. Als Kind war das eine aufregendere Beschäftigung. Mir fällt auf, dass sich das Wasser komisch verhält. Die Wellen, die die Steine beim Aufprall auf die Oberfläche verursachen, ebben sehr schnell wieder ab. Vielleicht hat es etwas mit den Frauen zu tun, die im See leben.
Ich höre Schritte. Ich kann mir sehr gut vorstellen, wer hinter mir herannaht. Meine Vermutung ist richtig. Es ist der Minotaurus. Ich stelle mich mental darauf ein, von ihm verprügelt und im See versenkt zu werden. Er steht vor mir und schaut mich mit dem nötigen Ausmaß an Abscheu an, um mir unmissverständlich verständlich zu machen, dass er von meiner Anwesenheit auf seiner Insel alles andere als begeistert ist.
»Komm mit«, brummt er, dreht sich herum und geht wieder.
Ich überlege, ob ich wirklich mit gehen soll, oder mein Glück doch besser im See versuche. Ich entscheide mich für die Insel und folge ihm in seine Höhle. Immerhin muss ich nicht wieder durch das stinkende Labyrinth tapern. In der Mitte seiner Schmiede präsentiert er mir einen etwa einen Meter hohen Käfig. Sieht stabil aus.
»Gute Arbeit«, sage ich als hätte ich auch nur den Hauch einer Ahnung wovon ich spreche und grinse wie ein Vollidiot, um vielleicht doch noch das Eis zwischen uns zu brechen.
Er packt mich am Arm und bricht mir fast die Knochen, als er mich in den Käfig wirft und die Tür mit einem Vorhängeschloss verschließt.
Dann packt er sich den Käfig mit mir drin auf die Schulter und trägt uns nach draußen. Ich denke die ganze Zeit darüber nach, dass es für ihn viel einfacher gewesen wäre, den Käfig zu mir zu bringen, statt andersherum, aber vermutlich spreche ich ihm zu viel Intelligenz zu, um so einen Gedankengang zu bewerkstelligen. Da sein Hirn zwar klein, seine Muskeln aber groß sind, weise ich ihn nicht auf diesen Denkfehler hin. Er setzt den Käfig am Strand ab und drückt mir einen Schlüssel in die Hand.
»Lass dich nicht nochmal auf meiner Insel sehen«, brummt er und stapft davon.
Ich fuckel mit dem rostigen Schlüssel an dem rostigen Vorhängeschloss herum. Es würde mich nicht wundern, wenn der Schlüssel einfach abbricht, sobald ich ihn drehe. Er bricht nicht ab. Dafür fällt das Schloss auseinander.Ich öffne die Tür, trete aus dem Käfig und stehe erneut am versifften Strand.
Aber nicht lange, denn etwas kommt geflogen. Ich schaue in den Himmel, der Sonne entgegen, und sehe zwei gigantische Flügel schlagen. Ich stelle mich auf weitere Probleme ein, denn ich habe eine Vermutung, wer mich hier am Strand besuchen kommt.
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